Bankensektor: Zwei Mitarbeiter diskutieren über eine iPad-App.

Mit diesem besonderen Werthebel können Banken die Effizienz steigern

Wie gelingt die Zentralisierung der Finanzfunktion? Drei Szenarien im Überblick.

Hoher Kostendruck, steigende Anforderungen an Datenqualität, Fachkräftemangel, Regulatorik: Deutschlands Banken stehen vor erheblichen Herausforderungen. Es gilt, die Finanzarchitektur im Unternehmen neu aufzustellen und neue Target Operating Models zu entwickeln. Ein besonderer Werthebel kann die Zentralisierung der Finanzfunktion sein. Hintergründe haben wir im Whitepaper analysiert, von der Ausgangssituation in der Branche über Erfolgsfaktoren in Banken bis zur Erklärung einzelner Implementierungsphasen.

Klar ist: Zentralisierte Finanzfunktionen können in Banken im Transformationsprozess unter anderem Transparenz und Effizienz erhöhen, denn sie unterstützen konkrete Transformationsentscheidungen im Unternehmen, indem sie essenzielle Kennzahlen mit einem Maximum an Validität und Granularität liefern. Das führt im Unternehmen nicht zuletzt zu mehr Agilität und erleichtert komplexe Compliance-Aufgaben in Geldinstituten. Doch wie gelingt die Umsetzung in der Praxis? Drei IT-Szenarien sowie eine inhaltliche Bewertung für Banken im Überblick.

1. Das Hub-Konzept

Das Hub-Konzept im Bereich Finance weist den geringsten Zentralisierungsgrad im Unternehmen auf. Es ist vor allem durch ein zentrales Mapping der Kontenpläne geprägt. Der typische Prozessablauf:

  • Die Entitäten stellen die Daten in Form von Summen-Salden-Listen der Zentrale über den bestehenden Kontenplan zur Verfügung.
  • In der Zentrale werden die Positionen gemappt und mithilfe dieser Daten die übergreifenden Berichte erstellt.
  • Zur Qualitätssicherung werden die Berichte der Entitäten noch einmal zur Verfügung gestellt.
  • Die Veröffentlichung übernimmt im Unternehmen die Zentrale.

Im Mittelpunkt steht in Banken die Erstellung des Jahresabschlusses und die Zusammenführung der dafür benötigen Zahlen. Alle anderen operativen Prozesse sowie grundlegende IT-Architekturen bleiben unverändert.

Voraussetzung für das Hub-Konzept im Unternehmen ist ein Workflow-Tool, das es der Zentrale ermöglicht, auf die Daten der Entitäten zuzugreifen. Dies gelingt beispielsweise über Download- und Upload-Funktionen oder über eine Verknüpfung von Datenbanken. Das Hub-Konzept legt den Fokus darauf, die Reportingprozesse zu vereinheitlichen und über die Zentrale zu steuern. Transaktionale Prozesse werden dabei gegebenenfalls an ein Shared Service Center ausgelagert. Die lokale Berichterstattung sowie die Erfüllung der steuerrechtlichen Anforderungen verantworten weiterhin die Entitäten.

2. Die Teilintegration

Wesensmerkmale der Teilintegration sind harmonisierte IT-Strukturen und einheitliche Kontenpläne im Unternehmen. Um die angepassten Kontenpläne befüllen zu können, müssen die Daten zwischen den alten und neuen Kontenplänen übertragen werden. Durch das fachliche Datenmapping wird somit automatisch eine Harmonisierung der Daten erreicht.

Auf diese harmonisierten Daten haben sowohl die Entitäten als auch die Zentrale Zugriff. Ob es hierbei Sinn macht, die Daten in einem großen Data Warehouse (DWH) abzulegen oder Entitäten-spezifische DWH beizubehalten und Zugriffsrechte einzuräumen, ist abhängig von verschiedenen Faktoren, beispielsweise von verfügbaren Kapazitäten oder der Performance. Durch die Harmonisierung und zentrale Bereitstellung der Daten wird eine Erhöhung der Datenqualität konzernweit erreicht.

Um die Teilintegration in Banken zu verwirklichen und nachhaltig zu implementieren, ist es häufig erforderlich, bestehende Software-Module zu erweitern oder neue Module einzuführen und Kontenpläne zu vereinheitlichen. Typisch für eine Teilintegration ist, dass die Entitäten grundsätzlich weiterhin für die Erstellung lokaler Meldungen sowie für die Abdeckung der steuerrechtlichen Anforderungen verantwortlich bleiben. In Form von Einzelfallentscheidungen ist zu prüfen, ob lokale Berichterstattung zumindest teils verlagert werden kann.

3. Die Vollintegration

Im Szenario der Vollintegration in Banken werden die Entitäten vollständig in die IT-Systemlandschaft der Zentrale eingebunden. Dadurch entsteht eine maximale Zentralisierung von Systemen und Prozessen – und damit auch eine umfängliche Zentralisierung der Finanzfunktionen.

Wesensmerkmale der Vollintegration in Banken sind die Verwendung einer einheitlichen IT-Architektur und ein von allen Einheiten genutztes DWH. Ein Customizing erfolgt übergreifend und ermöglicht auch Entitäten-spezifische Anpassungen.

Chancen und Risiken für Banken: Wie sind die Optionen einzuordnen?

Eine Unterteilung der IT-Szenarien in Hub-Konzept, Teilintegration und Vollintegration mag Zwischenformen, die in der Praxis durchaus bestehen, unberücksichtigt lassen. Sie hilft aber bei der Ermittlung der Ausgangslage, bei der Analyse von Möglichkeiten, beim Errichten von Leitplanken und bei der Definition der Ziele sowie des Ambitionsniveaus.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass in einem Unternehmen natürlich parallel auch mehrere Zentralisierungsformen existieren können, zum Teil sogar erforderlich sind. So wird insbesondere eine globale Vollintegration nicht selten durch nationale Gesetzgebungen verhindert. Darüber hinaus mag es – abhängig vom Geschäftsmodell, von den bestehenden Strukturen und Prozessen und der Unternehmensstrategie – sinnvoll sein, in unterschiedlichen Segmenten oder Märkten auch unterschiedliche Zentralisierungsszenarien zu verwirklichen.

Da die drei dargestellten Szenarien aufeinander aufbauen können, empfiehlt sich, bei der Zentralisierung der Finanzfunktionen im Unternehmen langfristig zu planen und die verschiedenen Szenarien in Betracht zu ziehen. Insbesondere Szenario II und III sollten aufeinander folgen. Denn die nachhaltige Vollintegration erzeugt zwar mit Blick auf Reporting-Qualität, Prozessoptimierung, Effizienz, Harmonisierung IT-Landschaft sowie Datenqualität und -transparenz die größten Effekte. Sie ist aber im Unternehmen auch mit den größten Umsetzungsrisiken verbunden.