Irgendwann sinken die Zinsen wieder: Frau setzt Helm auf

Irgendwann sinken die Zinsen wieder. Banken sollten vorbereitet sein

Das können Finanzinstitute tun, um erneuten Margenverlusten vorzubeugen.

Den Banken in Europa und in den USA fehlte schlicht die Erfahrung. Jahrzehntelang waren Negativzinsen kein Thema gewesen. Ab 2009 dann ging es dann deutlich bergab und 2014 führt die EZB tatsächlich Strafzinsen ein. Diese wurden nicht zuletzt aus rechtlichen Gründen nicht an Kund:innen weitergegeben. Die Auswirkungen für Banken: hohe Margenrückgänge.

Mittlerweile sind die Zinsen wieder deutlich gestiegen. Aber für wie lange? Eine weitere Niedrigzinsphase ist nicht ausgeschlossen. Ökonomische Krisen oder auch eine mittelfristig sehr stark sinkende Inflation, z.B. in Folge der Stabilisierung von Lieferketten, könnte dazu führen, dass die EZB die hohen Zinsen wieder senkt. Das heißt, auch wenn es aktuell nicht danach aussieht, sollten Banken sich auf ein mögliches nächstes Mal vorbereiten.

Dabei sind viele Banken einen wichtigen Schritt bereits gegangen und haben ihre AGBs angepasst, sodass sie Negativzinsen künftig an Kund:innen weitergeben dürfen. Das wird Margenverluste auffangen.

Doch dürfte dies allein nicht ausreichen. Folgende vier Aspekte sollten Banken außerdem im Blick behalten:

Erstens: Traditionelle Einlagenmodelle sollten ergänzt werden

Wenn Banken das Geld der Sparer:innen anlegen, orientieren sie sich dabei oft an sogenannten traditionellen Einlagenmodellen in Form von Replikationsmodellen. Diese funktionieren aber nur, wenn Zinsänderungen an die Kund:innen weitergegeben werden, was – wie erwähnt – während der Negativzinsphase nicht der Fall war. Deshalb ist es eine gute Idee, diese Einlagenmodell künftig mit Hilfe sogenannter Swaptions gegen Zinsabfall abzusichern. Banken, die diese vor oder bei Eintritt einer neuen Niedrigzinsphase nutzen, können ihre Ertragslage stabilisieren.

Zweitens: Risikodiversifizierung durch alternatives Geschäft

Klar ist: Geschäft diversifizieren heißt, Risiken diversifizieren. Auch wenn dies nur in begrenztem Umfang möglich ist. Denn würden alle Banken gleichzeitig alternative Ertragsquellen aufbauen, würden sie sich hier schnell kannibalisieren. Trotzdem bleibt es sinnvoll, neben dem Zinsgeschäft auch auf Geschäft zu setzten, das Gebühren oder Provision einbringt, als Broker oder mit Versicherungen und Zertifikaten.

Drittens: Kundenbindung – soweit heute noch möglich

Um neue Kund:innen zu gewinnen und Einlagen einzusammeln, haben manche Institute die Zinserhöhungen der EZB zum guten Teil weitergegeben und die Zinsen auf Spareinlagen deutlich gesteigert. Das gilt vor allem für Neo-Banken, also digitale Banken, Challenger-Banken oder Fintech-Banken, die in erster Linie auf Wachstum aus sind. Wobei auch hier Augenmaß gelten muss. Denn Menschen wechseln heute einfacher ihre Bank als noch vor zehn Jahren. Es wird immer einfacher, Spargelder von A nach B zu schieben, um bei Zinsunterschieden zu profitieren. Die traditionelle Bindung zur Hausbank nimmt ab.

Viertens: Zinsschwankungen ganzheitlich betrachten

Wer gut auf Zinsschwankungen vorbereitet sein will, sollte ganzheitlich auf entsprechende Entwicklungen schauen. Eine Betrachtung einzelner Kennzahlen ist nicht ausreichend. Die Effekte müssen aus allen Perspektiven betrachtet und gesteuert werden. Dazu gehört, auch Barwerteffekte, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Eigenkapitalverluste im Blick zu behalten.

Unterm Strich wird klar: Das Wettbewerbsumfeld verschärft sich auch nach der Finanzkrise und der Druck auf die Banken steigt weiter. Diese sollten sich vor allem deshalb auf mögliche künftige Niedrigzinsphasen besser vorbereiten als bislang. Dabei zeigen die derzeitigen Entwicklungen, auch ein rapider Zinsanstieg kann zu hohen Risiken und signifikanten Verlusten führen. Deshalb dürfte generell gelten: Zinsen müssen eng überwacht werden – und Banken stets in der Lage sein, flexibel zu reagieren.