Die drei Superkräfte des Chief Sustainability Officer

Die drei Superkräfte des Chief Sustainability Officer

Jedes Unternehmen braucht einen CSO als „Agent of Change“ - ein besonderes Plädoyer.

Dass Nachhaltigkeit für Unternehmen wichtig ist, zeigt unser aktueller CEO Outlook. Mehr als zwei Drittel der CEOs internationaler Unternehmen haben ESG als Mittel zur Wertschöpfung vollständig in ihr Unternehmen integriert. Doch welche Rolle spielt dabei der Chief Sustainability Officer, der CSO, für ein Unternehmen? Und ist diese Funktion notwendig?

Die kurze Antwort darauf lautet aus meiner Sicht: Ja, auf jeden Fall. Mit Blick auf die Veränderungen und Herausforderungen, die auf Unternehmen im Zuge der ESG-Transformation in den kommenden Jahren zukommen, ist eine starke CSO-Position oder auch Head-of-Sustainability-Funktion von zentraler Bedeutung. Die Chief Sustainability Officers von heute haben in erster Linie eine strategische und keine repräsentative Rolle. Eine nachhaltige Transformation ist ein fundamentaler, lang anhaltender Change-Prozess auf allen Ebenen im Unternehmen.

Damit der Prozess/die Transformation gelingt, braucht es drei besondere Fähigkeiten. Ich nenne sie die drei Superkräfte des CSO. Diese Superkräfte und zugleich zentralen Aufgaben des CSO lauten verstehen, verbinden und vermitteln.

1. Verstehen – der CSO sollte ESG-Chancen kennen und Risiken richtig bewerten

Die Superkraft „Verstehen“ beinhaltet, das gesamte Spektrum an Entwicklungen in den Bereichen E (Environment), S (Social) und G (Governance) zu verfolgen und zu bewerten, das einen Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben kann. Dies bedeutet zum einen, die Entwicklung der ökologischen Grenzen unseres Planeten  für das Unternehmen vorausschauend zu bewerten, Risiken und Chancen zu ermitteln, frühzeitig darauf zu reagieren und das Unternehmen darauf vorzubereiten.

Aufgrund der Bedeutung von Nachhaltigkeit für die Politik und infolgedessen eine Vielzahl an Gesetzgebungen zu Themen wie Klima oder Menschenrechte gehört ebenfalls dazu, die regulativen Auswirkungen für das jeweilige Unternehmen laufend zu analysieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

2. Verbinden – der CSO bringt Teams und Stakeholder zusammen

Dabei ist die Zusammenarbeit des CSO mit Einheiten wie Public Affairs oder der Rechtsabteilung elementar, was direkt zur zweiten Superkraft des CSO führt, dem „Verbinden“. Der CSO und sein Team stehen für übergreifende Verbindungen und Kooperationen. Damit ist zum einen die Zusammenarbeit von Funktionen, Abteilungen, Regionen, Geschäftseinheiten oder auch innerhalb des Vorstands in Unternehmen gemeint, denn Nachhaltigkeitsthemen schneiden meist quer durch eine Vielzahl an bestehenden Organisationseinheiten. ESG-Themen erfordern eine ganzheitliche Betrachtung und damit oft auch das Aufdecken und Moderieren von organisatorischen Hindernissen und Zielkonflikten.

Der CSO steht aber auch für Nachhaltigkeitsallianzen im weiteren Sinne. Er oder sie bewertet, ob ein Unternehmen sich zum Beispiel in einer Brancheninitiative zu Nachhaltigkeit engagieren sollte oder ob andere Partnerschaften zu wesentlichen Themen in der Lieferkette wie etwa Rohstoffgewinnung und -zertifizierung oder auch Abfall ein strategisch sinnvoller Schritt sein könnten. Allianzen mit anderen Unternehmen für spezifische Nachhaltigkeitsthemen können ein erfolgreiches Mittel sein, um nicht nur das Unternehmen, sondern eine ganze Branche und damit das Feld an Wettbewerbern mitzuentwickeln.

Als dritte Zielgruppe der Partnerschaften sind die direkten Kunden und auch Lieferanten hervorzuheben, denn nachhaltigere Lösungen werden oft besonders erfolgreich etabliert, wenn sie in Zusammenarbeit mit Kunden und auch Lieferanten entwickelt werden.

3. Vermitteln – der CSO treibt die Transparenz voran

Um dies zu verwirklichen, ist die dritte Superkraft, „Vermitteln“, nicht nur entscheidende Aufgabe, sondern zugleich auch Schlüsselkompetenz eines CSO. Unternehmensintern gilt es, die grundsätzliche Handlungsnotwendigkeit zu vermitteln, Veränderungen anzustoßen und Investitionen zu rechtfertigen, neue Themen aufzugreifen, zu operationalisieren und letztendlich in die Organisation zu übergeben. Steigende Transparenzanforderungen wie durch die CSRD oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erfordern die Veröffentlichung einer Fülle von komplexen ESG-Informationen, die nicht vorhanden bzw. noch nicht weit entwickelt sind. Dabei sind Qualität und Quantität der Daten gleichermaßen im Fokus.

Der CSO sollte dabei unternehmensintern erhebliche Überzeugungsarbeit leisten, auch Konzepte, Pläne und Vorhaben und nicht nur fertige Ergebnisse offen extern zu kommunizieren – mit allen Einschränkungen, die ein Unternehmen zu dem Zeitpunkt noch hat. Zu der Vermittlerrolle des CSO gehört auch, aktiv und strategisch den Stakeholder-Dialog des Unternehmens zu gestalten und oft auch persönlich zu führen, und das mit einem breiten Spektrum an gesellschaftlichen Gruppen. Dabei sind heute Finanzmarktakteure wie Investoren oder Ratingagenturen eine der wichtigsten Zielgruppen des CSO.

Der CSO ist Wegbereiter der Transformation

Diese drei Superkräfte und wesentlichen Aufgaben des CSO machen deutlich: Der oder die ideale CSO benötigt ein umfassendes Set an Wissen und Kompetenzen und sollte diese darüber hinaus bei der Zusammenstellung seines beziehungsweise ihres Teams beachten. Kenntnisse und Erfahrungen betreffen natürlich die zentralen ESG-Themen und Entwicklungen, idealerweise Erfahrungen in der jeweiligen Branche sowie auch das Wissen um Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Als Führungskraft ist die Erfahrung im Managen von Veränderungsprozessen und diversen Teams von besonderer Bedeutung. Essenziell sind Empathie, gute kommunikative Fähigkeiten und als Persönlichkeit das Format beziehungsweise die Größe sowie Reflektion zu besitzen, anderen Mitarbeitenden im Unternehmen Nachhaltigkeitserfolge zu überlassen, egal wie sehr sie sich zu Beginn gegen die Veränderungen gesträubt haben. Der CSO ist Wegbereiter der Transformation. Sein Erfolg bemisst sich demnach eher am Grad seiner unternehmensinternen Einbindung als an zuordenbaren Einzelergebnissen.

Ein gutes Netzwerk hilft dabei, informiert zu bleiben und Talente zu rekrutieren. Gerade weil der CSO kein abgrenzbares Thema betreut, sondern mit allen zentralen Einheiten im Unternehmen interagiert und oft eine moderierende Rolle hat, ist es daher unternehmensintern umso relevanter, dass er mit maximaler Gestaltungsoptionen – idealerweise auf Vorstandsebene – und ausreichend Ressourcen ausgestattet ist, um handlungsfähig zu sein und Entscheidungen herbeiführen zu können.

Diesen und weitere Beiträge rund um das Thema Nachhaltigkeit für Aufsichtsräte und Vorstand finden Sie in der ACI-Sonderausgabe „Nachhaltigkeit“