Unternehmen sollten mit Innovationen der Klimakrise begegnen
Diese Zwillingskrise, die Silke Düwel-Rieth und Christof Schenck dramatisch beschrieben haben, nimmt natürlich auch Einfluss darauf, wie Unternehmen ihre Strategien aufstellen. Sie muss es sogar. Davon bin ich fest überzeugt. Ein Weg, dem globalen Klimawandel entgegenzuwirken, sind Innovationen und Investitionen in nachhaltige Produkte und Themen.
Silke Düwel-Rieth wird in diesem Punkt deutlich: „Ich wünsche mir, dass Unternehmen Nachhaltigkeit weniger zögerlich und halbherzig angehen. Wir haben jetzt ein Zeitfenster, um die schlimmsten Folgen der Krisen zu bewältigen und das Fenster schließt sich in den nächsten zehn Jahren.“ Unternehmen sollten jetzt schauen, in welchen Punkten sie ihre Nachhaltigkeit verbessern können. Absichtserklärungen würden nicht mehr reichen. „Nachhaltigkeit muss in der obersten Entscheiderspitze angedockt werden. Es ist eine ganzheitliche Management-Aufgabe und die muss fest ins Denken des Unternehmens rein.“ Nicht nur aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ist das aus Silke Düwel-Rieths Sicht sinnvoll. Unternehmen würden durch eine ESG-Strategie auch resilienter.
ESG-Strategien verändern das Denken in Unternehmen
Ich bin davon überzeugt, dass die Verankerung einer ESG-Strategie in der Führungsetage ein Unternehmen und das Denken dort verändern kann. Denn es ist klar, dass die Klimarisiken die Vermögenswerte von Unternehmen bedrohen. Eine nachhaltige und ökologische Firmenstrategie kann deswegen nur im Eigeninteresse eines jeden Managements sein.
Viele deutsche Unternehmen sind bereits jetzt schon erheblichen Klimarisiken ausgesetzt. Ein konkretes Beispiel sind die Lieferketten übers Wasser. Einige Schifffahrtswege haben zu niedrige Wasserpegel. Unternehmen sind gezwungen, andere Wege zu gehen. Auch die Entscheidungen, in welche Standorte investiert wird, hängt immer stärker von Klimarisiken wie etwa Flut, Waldbränden oder Dürreperioden ab. Unternehmen sind dazu gezwungen, diese Klimarisiken abzuwägen und in ihre Strategien einfließen zu lassen.
Christof Schenck sieht bereits positive Schritte auf dem Weg zu nachhaltigerem Handeln und dem Ziel, den Klimawandel abzuschwächen. Auf der Weltkonferenz zu Biodiversität in Montreal hätten sich zum Beispiel Vertreter von fast 200 Staaten darauf geeinigt, 30 Prozent der Erde unter Schutz zu stellen. Und ESG sei in vielen großen Konzernen inzwischen ein wichtiges Thema. „Aber die Entwicklung ist insgesamt zu langsam und einige Themen werden zu isoliert betrachtet“, schränkt er ein. „Beim E von ESG sprechen wir fast immer vom Klima, aber wenig von Biodiversität. Wir brauchen zum Beispiel entwaldungsfreie Lieferketten.“ 20 Prozent der CO2-Last entstehe durch Abholzung der Wälder. In Wäldern seien besonders viele Arten anzutreffen. Mit einem Stoppen der Abholzung würde also gleichzeitig die CO2-Belastung zurückgehen und die biologische Vielfalt erhalten bleiben.
An einigen Stellen stehen Klimawandel und Biodiversität an einem Kipppunkt
Wie groß die Notwendigkeit einer ESG-Transformation ist, zeigt ein Beispiel aus dem Amazonas, das Christof Schenck im Gespräch beschrieben hat. Dort befindet sich der Baumbestand gefährlich nah an einem sogenannten Kipppunkt. Aktuell seien rund 18 Prozent entwaldet. Ab 20 bis 25 Prozent entwalde sich der Wald selbst, da er sich nicht mehr selbst mit ausreichend Flüssigkeit aus Verdunstungsregen versorgen kann.
Dieses Beispiel zeigt mir deutlich, dass wir die ESG-Transformation jetzt angehen müssen. Firmen und auch Deutschland, als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, haben hier eine Vorbildfunktion. Wir haben ein stabiles Wertesystem, eine gute Demokratie und gute Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Hinzu kommt, dass die Wichtigkeit des Themas gerade in den Führungsetagen erkannt wird, ESG in der Regulatorik verankert und der gesellschaftliche Wille zu nachhaltigen und ökologischen Veränderungen da ist.
Mein Appell: Lassen Sie uns diese Chancen nutzen und die ESG-Transformation angehen. Jetzt, nicht morgen.
Wie gut sind deutsche Unternehmen aus der Automobilindustrie, der Fertigungsindustrie, des Infrastrukturmarktes sowie aus der Transport- und Logistikwirtschaft auf mittel- und langfristige Veränderungen vorbereitet, die durch den Wandel der Wirtschaft in Richtung einer nachhaltigeren und sozial-gerechteren Zukunft entstehen? Für die Studie zum ESG Management & Steering wurden Unternehmen aus der Automobilindustrie, der Fertigungsindustrie, des Infrastrukturmarktes sowie aus der Transport- und Logistikbranche befragt, wie sie den Stand der ESG-Aktivitäten im eigenen Unternehmen bewerten. In der Studie stellen wir die Ergebnisse vor.