Ein Mann am Bug eines Segelbootes überblickt die Überprüfung der Meere und des Wetters.

Klimarisiken: Viele Unternehmen sind unzureichend vorbereitet

Gezieltes Risikomanagement wird entscheidend für langfristige Resilienz.

Keyfacts:

  • Extremwetter und Klimaereignisse weltweit erhöhen Risiken und Kosten für deutsche Unternehmen und ihre globalen Lieferketten.
  • Studie: Klimarisiken bleiben im Risikomanagement der Transport- und Logistikbranche oft unberücksichtigt.
  • Diese drei Maßnahmen sollten Unternehmen jetzt umsetzen.

    Der Klimawandel prägt die Wirtschaft zunehmend: Wie beeinflussen Extremwetterereignisse Unternehmen und ihre globalen Lieferketten? Welche Anforderungen stellen Gesetzgeber und Kapitalmärkte? Vor allem aber: Wie können Unternehmen Klimarisiken frühzeitig erkennen und ihre Auswirkungen abfedern?

    Folgen des Klimawandels lassen sich bereits erkennen

    Laut dem Klimawandeldienst Copernicus lag 2024 die globale Durchschnittstemperatur 1,6 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Damit ist erstmals die 1,5-Grad-Marke überschritten worden. Der Sommer 2024 war weltweit insgesamt der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Zwar schwanken die Werte von Jahr zu Jahr etwas, aber der langfristige Trend ist eindeutig: Die Temperaturen steigen.

    Konkrete Folge des Klimawandels sind nicht nur steigenden Temperaturen. Langanhaltende Hitzewellen und Dürren, Starkregen und Fluten, Stürme und Waldbrände sind nur einige der Auswirkungen einer globalen Entwicklung. Sie treffen die Weltregionen zwar unterschiedlich stark, lassen aber keine Region unbeeinflusst.

    Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund der Klimarisiken besonders gefährdet

    Für einzelne Unternehmen und ganze Branchen in Deutschland könnten die direkten und indirekten Auswirkungen des Klimawandels massive Folgen haben. Aufgrund der globalen Ausrichtung der deutschen Wirtschaft sind Unternehmen hierzulande nicht nur von lokalen Wetterphänomenen betroffen. Zusätzlich steigen auch die indirekten Kosten deutscher Firmen, weil sich durch den weltweiten Handel und ihre verflochtenen Wertschöpfungsketten auch Klimaereignisse im Ausland auf sie auswirken.

    Eine Flut von Offenlegungsanforderungen

    Der Gesetzgeber hat die Gefahren durch den Klimawandel für das Wirtschafts- und Finanzsystem erkannt und reagiert. Das politische Instrumentarium, auf das er setzt, sind kapitalmarktorientierte Offenlegungspflichten. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass die EU-Taxonomie, die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) allesamt eine erweiterte Risikoanalyse von Klima- und Umweltaspekten einfordern. Insbesondere die EU-Taxonomie sieht explizit die Durchführung einer robusten Klimarisiko- und Vulnerabilitätsbewertung von physischen Risiken vor. Anhand von Klimaszenarien sollen Risiken analysiert und Anpassungsmaßnahmen bei wesentlichen Risiken etabliert werden.

    Eine Offenlegung der Klimarisiken fordert auch die CSRD. Demnach müssen alle Unternehmen klimabedingte physische Risiken und Übergangsrisiken veröffentlichen, die sich auf die Finanzlage des Unternehmens auswirken können.

    Handlungsdruck für Unternehmen wächst

    Mit den zunehmenden gesetzlichen Anforderungen im In- und Ausland sowie dem Informationsbedarf durch Kapitalgeber und Investoren steigen die Erwartungen an Unternehmen, die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Geschäftsmodelle systematisch zu bewerten. Ein Blick in die Praxis zeigt jedoch: Momentan haben die wenigsten hierfür bereits verlässliche Prozesse etabliert.

    Studie: Klimarisiken bleiben im Risikomanagement der Transport- und Logistikbranche oft unberücksichtigt

    Ein zentrales Ergebnis unserer Studie „Klimarisiken und Folgeschäden des Klimawandels 2024“ für die Transport- und Logistikwirtschaft zeigt, dass 75 Prozent der befragten Unternehmen zwar Klimarisiken und Folgeschäden des Klimawandels im Rahmen verstärkter regulatorischer Implikationen und ESG-Auflagen wahrnehmen. Dennoch berücksichtigt die Mehrheit diese Risiken nicht vollständig im Risikomanagementsystem.

    Dadurch geraten Vorstände, Geschäftsführungen und Aufsichtsgremien zunehmend unter Handlungsdruck, nicht nur, weil deren Vergütungsziele immer stärker an ESG-Indikatoren geknüpft werden.

    Was also können Firmen tun? Drei Schritte sind jetzt wichtig:

    • Im ersten Schritt sollten Unternehmen eine Klimarisikoanalyse durchführen. Sie hilft, die eigene Exposition gegenüber Klimaveränderungen zu verstehen. Eine solche Analyse identifiziert und bewertet physische Klimarisiken – zum Beispiel Risiken infolge von Extremwetterereignissen – sowie transitorische Risiken – zum Beispiel Risiken durch steigende Kosten für CO2-Zertifikate oder veränderte technologische Anforderungen.
    • Im zweiten Schritt sollten Unternehmen ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber den identifizierten Klimarisiken stärken. Dies kann durch geeignete Anpassungslösungen – zum Beispiel die Verbesserung des Hochwasserschutzes oder die Aufwertung der Gebäudeisolierung – gelingen. Auch die Neustrukturierung von Lieferketten und die Anpassung bisher erfolgreicher Produkt-Markt-Kombinationen kann notwendig werden.
    • Im dritten Schritt sollten sich Unternehmen darauf vorbereiten, ihre klimabezogenen Risiken offenzulegen. Ob Banken oder Investoren, Geschäftspartner oder Gesetzgeber – die Anforderungen an Unternehmen, ihre Betroffenheit in Bezug auf den Klimawandel transparent zu machen und die eigene Resilienz nachweisen zu können, nehmen zu. Wer Geschäftsbeziehungen langfristig absichern möchte, sollte sich daher mit Klimarisiken befassen, seine Widerstandsfähigkeit aktiv stärken und sprechfähig sein, wenn er danach gefragt wird.

    Aktives Klimarisikomanagement zahlt sich aus

    Ein frühzeitiges und aktives Klimarisikomanagement zahlt sich in mehrerlei Hinsicht aus. Erstens sollten die Kosten für Anpassungslösungen nicht unterschätzt werden. Wer diese frühzeitig angeht, kann Aufwendungen über längere Zeiträume verteilen und das operative Geschäft schonen. Zweitens bedarf es Zeit, Wertschöpfungsketten resilienter aufzustellen, Standortentscheidungen (neu) zu treffen und das eigene Produktportfolio weiterzuentwickeln. Je früher Unternehmen hiermit beginnen, desto besser.

    Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Durch aktives Klimarisikomanagement lässt sich der Klimawandel nicht aufhalten. Wer sich seiner Risiken aber bewusst ist, wird die Folgen des Klimawandels – ob physisch oder transitorisch – besser bewältigen und damit im Wettbewerb einen Vorteil erlangen können. Genau darin besteht die Chance für Unternehmen.

    Dieser Text ist eine gekürzte Version eines Gastbeitrags der Autoren für Tagesspiegel Background. Den Originaltext finden Sie hier.