Familien brauchen Regeln. Für Familienunternehmen gilt dies erst recht. Mit einer klaren Rollenverteilung im Unternehmen verläuft das Miteinander geordnet. Doch Streit kommt in den besten Familien vor – und in den besten Familienunternehmen. Natürlich denken nun viele: nicht bei uns. Aber falls Sie einmal in die Situation geraten, sollten Sie auf eine Stütze in Ihrem Unternehmen bauen können: einen Beirat, der schlichtend eingreifen kann. Auch wenn Streitschlichtung nicht zu seinen Kernaufgaben gehört.
Vielmehr liegt die Hauptaufgabe eines Beirats darin, ein Familienunternehmen dabei zu unterstützen, die Unternehmenszukunft zu sichern und in ruhigen Fahrwassern voranzukommen. Ein anstehender Generationenwechsel oder eine Nachfolgeregelung sind daher die häufigsten Gründe für die Implementierung von Beiräten in Familienunternehmen. Darüber hinaus suchen Familienunternehmer oder geschäftsführende Gesellschafter in einem starken Beirat ein Expertengremium als Ratgeber für wichtige Entscheidungen, zum Beispiel bei Investitionsfragen oder der Besetzung von Managementpositionen.
Die richtige Beiratszusammenstellung ist entscheidend
Häufig ist die Skepsis dennoch groß: Der Beirat könnte der Familie etwa reinreden, ist möglicherweise auf „ewig“ zementiert oder nimmt dem Unternehmen die notwendige Agilität und verlängert Entscheidungsprozesse. Diese Befürchtungen hört man oft – sie sind jedoch unbegründet.
Auf einer unserer Veranstaltungen haben wir das Für und Wider, die zentralen Herausforderungen, den richtigen Zeitpunkt und die kritischen Erfolgsfaktoren eines Beirats aus unterschiedlichen Perspektiven mit mehr als 40 Familienunternehmern diskutiert.
Starke Befürworter eines Beirats waren dabei: So zum Beispiel die Referenten Dr. Wolfgang Böllhoff, Beiratsvorsitzender der Wilhelm Böllhoff GmbH & Co. KG, oder Rainer Schütte, der bis 2016 Generalbevollmächtigter des Familienunternehmens MöllerGroup war und heute Beiratsvorsitzender des Unternehmens ist. Beide empfehlen die Einsetzung eines Beirats.
Mit welchen Personen dieser besetzt werden sollte, ist höchst individuell. Empathie, Kommunikationsfähigkeit, Persönlichkeit und kritisches Hinterfragen – diese Eigenschaften sollte ein Beiratskandidat mitbringen, so Rainer Schütte. Eine besondere emotionale Herausforderung sei es für einen Vater, als Beiratsvorsitzender seine beiden geschäftsführenden Söhne zu kontrollieren und zu beraten, teilte wiederum Dr. Böllhoff seine eigene Erfahrung. Beide Referenten empfehlen, stets auch externe Beiräte zu bestellen.
Das passende Beiratsmodell wählen
Soll er primär beratende Aufgaben übernehmen, empfiehlt sich die Einrichtung eines sogenannten schuldrechtlichen Beirats. Die einzelnen Beiratsmitglieder schließen jeweils einen Vertrag, zum Beispiel mit den Gesellschaftern, dessen Inhalt die Rechte, Pflichten und die Haftung regelt. So wird der Beirat handlungsfähig, gleichzeitig aber nicht zum Organ der Gesellschaft. Bei Bedarf kann er zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgesetzt werden, indem der schuldrechtliche Vertrag gekündigt wird. Soll der Beirat eine größere Unabhängigkeit von der Geschäftsleitung haben oder diese überwachen, ist die Einrichtung eines organschaftlichen Beirats anzuraten; der Beirat wird so Teil der Governance des Unternehmens.
Anhand eines 4-Stufen-Modells können Sie eine Beiratsstruktur individuell und passend zu Ihrem Familienunternehmen konzipieren:
1. Im ersten Schritt definiert die Unternehmerfamilie gemeinsam mit den Gesellschaftern ihre Erwartungen an einen Beirat. Ebenso legt sie eine klare Abgrenzung fest, um welche Aufgaben sich der Beirat nicht zu kümmern hat. Wichtig ist hierbei auch die klare Abgrenzung der einzelnen Zuständigkeiten von Gesellschaftern, Geschäftsführern und Beiräten.
2. Im zweiten Schritt legen Sie die konkreten Aufgaben und Befugnisse des Beirats fest: von der strategischen Beratung über die Kontrolle der Geschäftsführung, der Bestellung von Geschäftsführern bis hin zur Familienkommunikation.
3. Stellhebel wie Beiratsgröße, Zusammensetzung, Vergütung, Kandidatenauswahl, Bestellung von Beiratsmitgliedern, deren Amtszeit und das Beiratsregelwerk setzen Sie im nächsten Schritt auf. Insbesondere für Familienunternehmen ist auch die Vertrauensfrage wichtig: Regeln Sie daher bei schuldrechtlichen Beiräten auch Aspekte wie die Sorgfaltspflicht und die ethischen Verantwortlichkeiten der Beiratsmitglieder.
4. Zum Schluss geht es um die Evaluation Ihres Beirats. Legen Sie fest, wie und in welchen Abständen die Unternehmerfamilie bzw. das Gesellschaftergremium die Tätigkeiten des Beirats überprüft und bewertet.
Langfristig profitieren
Das erfolgreiche Wirtschaften über mehrere Generationen hinweg ist Ziel und Herausforderung zugleich. Gerade Familienunternehmen können daher von einer besseren Governance profitieren. Hier kann ein Beirat sinnvoll und tatkräftig unterstützen. Er hilft Ihnen dabei, Ihre Unternehmensperformance zu verbessern und den Erwartungen aller Familienmitgliedern bestmöglich gerecht zu werden. Die Wahl der Form des Beirats gibt Familienunternehmen zudem die nötige unternehmerische Flexibilität. Immer mehr erfolgreiche Familienunternehmen wissen dies – und entscheiden sich deshalb bewusst für die Implementierung eines Beirats.