Umwelt-, Sozial- und Governance-Fragen zu beachten, ist nicht länger ein Nischenthema. Nachhaltigkeit betrifft uns alle. Der Markt verlangt nachhaltige Produkte, Investoren fordern klare gesellschaftsrechtliche und operative Abgrenzungen zwischen alten und neuen Geschäftsmodellen und die EU gibt verbindliche Taxonomie- und Berichtspflichten vor.
Unternehmen sollten ihre Geschäftsmodelle nachhaltig ausrichten
Aufgrund dieser Entwicklungen sehen sich Konzerne vor der Herausforderung, ihre Geschäftsmodelle an die neuen Anforderungen ihrer Stakeholder anzupassen. ESG-Risiken sollen vermieden, neue – ESG-getriebene – Geschäftschancen genutzt werden. Dies erfordert es auch, die Struktur des Konzerns oder der mittelständischen Unternehmensgruppe den Veränderungen anzupassen und zukunftsfähig aufzustellen.
Herkömmliche Geschäftsmodelle verlieren an Rentabilität
Viele Firmen sind mit der Entwicklung konfrontiert, dass herkömmliche Geschäftsmodelle kurz- oder mittelfristig keinen Erfolg am Markt mehr versprechen. Ein Beispiel ist die Automobilzulieferindustrie, die bislang auf den Verbrennungsmotor eingestellt ist und nun vor der Herausforderung der rapiden Entwicklung hin zum Elektromotor steht.
Nur wer neue Geschäftsfelder strategisch aufbaut und dafür auch die richtigen Eigen- und Fremdkapitalgeber gewinnen kann, wird auf Dauer am Markt bestehen. Um neue Ideen voranzutreiben oder konventionelle Geschäftsbereiche auszugliedern, bedarf es aber einer Unternehmensstruktur, die transaktionsfähig ist.
Oft fehlt eine klare Trennung zwischen unterschiedlichen Geschäftsbereichen
Das ist bei vielen Unternehmensgruppen bislang nicht der Fall. Insbesondere besteht häufig keine klare gesellschaftsrechtliche, aber auch operative Trennung zwischen unterschiedlichen Geschäftsbereichen. Egal, ob man neue Ideen vorantreiben oder alte Konzepte mittelfristig noch nutzbar machen möchte: Es ist spätestens jetzt die Zeit gekommen, eine zukunftsfähige Unternehmensstrategie klar zu definieren und diese auch konsequent umzusetzen.
Handlungsempfehlungen für die Umstrukturierung von Konzernen
Unternehmen benötigen für die Umsetzung ihrer Strategie und das Vorstoßen in neue Märkte Kapital. Darauf muss die Konzernstruktur ausgerichtet sein. Das erfordert eine Abkehr von in der Praxis üblichen Zebra-Gesellschaften – also Gesellschaften, die gleich mehrere Geschäftsbereiche in sich tragen.
Transaktionsfähigkeit setzt die gesellschaftsrechtliche Trennung der verschiedenen, in einem Konzern vorhandenen Geschäftsbereiche voraus. Nur, wenn der Konzern über separate Sparten verfügt, kann er flexibel auf Herausforderungen reagieren.
Essenziell ist, die erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung einer solchen Struktur richtig zu planen und sodann konsequent umzusetzen, um die Gesamtdauer des Projekts und die anfallenden Kosten zu minimieren.
Phase 1: Operatives Carve-out-Konzept
Im ersten Schritt sollte ein operatives Carve-out Konzept erstellt werden. In dieser Phase gilt es zu klären, wie die miteinander verwobenen Geschäftsbereiche aus operativer Sicht voneinander getrennt werden können. Häufig gibt es Fragen zu bislang von mehreren Geschäftsbereichen genutzten Werken, Immobilien, Verträgen und Lizenzen sowie von mehreren Geschäftsbereichen eingesetzten Arbeitnehmer:innen. Das Carve-out-Konzept zeichnet den betriebswirtschaftlich gewünschten Zielzustand und sichert die zukünftige Funktionalität und Effizienz des neu ausgerichteten Konzerns.
Phase 2: Steuerliches und rechtliches Konzept
Anschließend findet eine steuerliche und rechtliche Untersuchung des operativen Carve-out-Konzepts statt. In welchen Schritten kann dieses umgesetzt werden? Gibt es bei Schrittanzahl und Schrittfolge Optimierungspotenzial, um Steuern zu reduzieren? Welche rechtlichen Maßnahmen sind in welchen Ländern geeignet, die steuerlich gewünschten Schritte umzusetzen? Welche Laufzeiten haben diese rechtlichen Maßnahmen? Und natürlich: Wie wird die Bewertung der transferierten Unternehmensteile aus bilanzieller und steuerlicher Sicht korrekt vorgenommen und dokumentiert?
Eine komplexe Phase, die davon lebt, dass Steuerberater:innen, Rechtsanwälte und Bewerter:innen weltweit Hand in Hand mit den jeweils zuständigen Konzernabteilungen arbeiten. Das richtige Konzept kann hier zum Teil viele Millionen Euro sparen.
Phase 3: Implementierung
Stehen die Konzepte, beginnt die rechtliche Umsetzung der Maßnahmen. Diese können, je nach Komplexität und Anzahl der avisierten Transaktionen, Monate oder gar Jahre dauern. Wichtig ist daher gerade in diesem Stadium ein professionelles Projektmanagement und eine stetige Überprüfung des jeweiligen Status an der geplanten Zeitschiene sowie dem geplanten Budget.
Sich auf die kurzfristige Durchführung von Transaktionen vorzubereiten (Transaction Readiness) ist kompliziert – aber gewinnbringend. In diesem Stadium können in der Regel zentrale Dienstleistungen, zentral angeschaffte IT-Lizenzen und sonstige Konzernleistungen unverändert bleiben.
Phase 4: Transaktionen durchführen
Wurde Transaction Readiness hergestellt, kann der Konzern fortan flexibel reagieren. So können Sparten separate Fremdfinanzierung – zum Beispiel auch im Wege sogenannte Green Bonds – aufnehmen, nachhaltigkeitsbezogene Förderungen in Anspruch nehmen oder Eigenkapital von Investor:innen einwerben. Selbstverständlich ist – mit der entsprechenden Vorbereitung – auch ein IPO möglich.
Fazit
Umstrukturierungen können Jahre dauern und sind in der Regel kostenintensiv. Das ist aber kein Argument gegen, sondern für die Neuausrichtung. Denn wer jetzt nicht reagiert, wer jetzt nicht die Weichen stellt, könnte mittelfristig auf dem Abstellgleis landen.