Wenn es um Fußball geht, geht es immer auch um Emotionen. Wer einmal im Stadion war, der hat es schon erlebt. Fußball lebt von seinen Fans und deren Emotionen. Spiele, die in den letzten Minuten entschieden werden, Jubelausbrüche der Fans. Aber auch der unbändige Ärger darüber, wenn Spielerinnen oder Spieler zu einem anderen Club wechseln.
Die meisten Proficlubs haben die Fußballabteilung ausgegliedert
Fast alles, was im Fußball geschieht, wird zumindest von den Anhängerinnen und Anhängern aus emotionaler Sicht beurteilt. Rationalität spielt eine untergeordnete Rolle. Das gilt auch, wenn Fußballclubs knallharte wirtschaftliche Entscheidungen treffen. Ein Beispiel für so eine Entscheidung ist die Ausgliederung des Vereins in eine Kapitalgesellschaft. Einige Vereine der 1. und 2. Fußballbundesliga haben diese Ausgliederung bereits vor Jahren durchgemacht. Andere erst kürzlich und bei wieder anderen ist die Ausgliederung vorerst am Votum der Vereinsmitglieder gescheitert. Am Widerstand und den Emotionen der Fans könnte man also sagen.
Ein kleiner Überblick: Von den 36 Erst- und Zweitligisten sind 12 als eingetragener Verein organisiert, 13 als GmbH & Co. KGaA, sieben als GmbH und vier als Aktiengesellschaft.
Warum entscheiden sich also viele Vereine, ihre Profifußball-Sektion auszugliedern und damit auch die Kritik der Fans auf sich zu ziehen? Und was müssen Vereine bei einer Ausgliederung beachten?
Kapitalgesellschaften eröffnen mehr Spielraum in wirtschaftlichen Fragen
Zur Beantwortung der ersten Frage kann man einen einfachen Grundsatz nennen: Fußball ist nicht nur ein Sport, sondern auch ein Geschäft. Ausgegliederten Fußballabteilungen bieten sich mehr Möglichkeiten als einem eingetragenen Verein wirtschaftlich aktiv zu werden. In einem Verein kann jede Person Mitglied werden und jedes Mitglied hat die gleichen Rechte. Vereine sind vor allem auf Mitgliedsbeiträge und Sponsorenzahlungen angewiesen. Anders in Kapitalgesellschaften. Hier gibt es die Möglichkeit, Investoren zu beteiligen und sich so wirtschaftlich breiter aufzustellen.
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Durch die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung in eine Kapitalgesellschaft kann sich ein Verein professionalisieren. Die starren Strukturen des Vereinsrechts und die oft seit Jahren unveränderten Gewohnheiten der Profivereine können durch die Regularien, die für Kapitalgesellschaften gelten, an Professionalität gewinnen. Heutzutage erzielen Profivereine Umsätze, die mit denen von mittelständischen Unternehmen vergleichbar sind. Bedeutende finanzielle und strukturelle Entscheidungen müssen nicht mehr Vereins-Mitgliederversammlungen überlassen werden, in denen emotionale Argumente oft stärker wiegen als rationale Begründungen.
Viele Fans argumentieren, dass ihre Stimmen in den ausgegliederten Vereinen an Einfluss verlieren würden und im Gegenzug der Einfluss von Investoren zunimmt. Durch das Vereinsrecht ist es sicherlich so, dass in den Mitgliederversammlungen jede Stimme gleich viel zählt. Egal, welche Position eine Person im Verein ausübt oder welchen Einfluss die Person ausübt, etwa als Sponsor. In der Realität ist es aber oft so, dass Sponsoren durch ihre finanziellen Zuwendungen Einfluss ausüben und Vereine daran interessiert sind, keine Entscheidungen gegen Sponsoren zu treffen.
50+1-Regel sichert den Vereinen weiterhin Einfluss zu
Dem Einfluss von Investoren in Kapitalgesellschaften ist bei deutschen Fußballclubs durch die 50+1-Regel ein regulatorischer Riegel vorgeschoben. Die 50+1-Regel ist gewahrt, wenn die Mehrheit der Stimmrechte vom Verein gehalten werden. Das heißt, Investoren können nicht Stimmrechtsmehrheit einer Kapitalgesellschaft ausüben. Da die meisten Entscheidungen in einer Gesellschafterversammlung mit Stimmrechtsmehrheit entschieden werden, bleibt somit das letzte Wort beim Verein und den Fans. Die 50+1-Regel ist umstritten. Einige Clubs würden die Regel außer Kraft setzen, um für Investoren attraktiver zu werden. Das ist aber zuletzt auch am Widerstand und Protest vieler Fangruppen gescheitert.
Wie läuft eine Ausgliederung und was sollten Vereine beachten?
Bevor mit dem Ausgliederungsprozess begonnen werden kann, muss die Mitgliederversammlung mit einer Drei-Viertel-Mehrheit der Ausgliederung zustimmen. Um die Vereinsmitglieder von den Vorteilen einer Ausgliederung zu überzeugen, sollten die Clubs während des gesamten Prozesses in engem Austausch mit Anhängerinnen, Anhängern und Fanvertreter:innen stehen, um Kritikpunkte, Ängste und Bedenken zu besprechen und auszuräumen. Ist dies Hürde genommen, kann mit der Umsetzung gestartet werden.
Zu Beginn des Prozesses sollten Vereine definieren, welche Bereiche ausgegliedert werden sollen. Aus rechtlichen Gründen kann zum Beispiel die Jugendabteilung gar nicht bzw. nur teilweise in die Kapitalgesellschaft ausgelagert werden. Außerdem sollte die Frage geklärt werden, wie Mitarbeitende in die neue Gesellschaft integriert werden. Da die Ausgliederungskompentenz in Vereinen oft nicht sehr groß ist, sollten sich die Vereinsgremien für rechtliche und steuerliche Fragen Kompetenz von außen hinzuholen. Viele Regelungen hängen zusammen, entsprechend stimmig müssen die Verträge sein.
Vor der Ausgliederung muss der Verein eine Bilanz erstellen und definieren, welche Werte beim Verein bleiben und welche in die Kapitalgesellschaft gehen. Das Eigenkapital sollte nach Möglichkeit positiv sein, damit eine Ausgliederung steuerneutral durchgeführt werden kann. Sollte das Eigenkapital negativ sein, müssten bestimmte Werte aufgestockt werden. Hierdurch kann es zum Teil zu erheblichen Steuernachzahlungen kommen.
Vorteil einer Ausgliederung ist auch, dass hierdurch die Gemeinnützigkeit des Vereins geschützt werden kann, denn es wird schon länger diskutiert, in welchem Umfang ein ideeller Verein einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betreiben darf.