Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen variieren aktuell erheblich – einige Unternehmen haben noch gar keine Berichterstattung zum Themenfeld Environmental, Social and Governance (ESG), andere sind bereits weit fortgeschritten in ihren Bemühungen zur Nachhaltigkeit und können daher umfassendere Berichte erstellen. Mit dem Inkrafttreten der Corporate Sustainability Reporting Directive CSRD wird ESG zum obligatorischen Teil der Unternehmensführung.
ESG-Kennzahlen sind ebenfalls entscheidend für Privat-Equity-Fonds. Deren Manager:innen können Umwelt-, soziale und governancebezogene Faktoren im Due-Diligence-Prozess und im internen Portfoliomanagement während der Haltedauer kaum vermeiden. Denn sie sind unter anderem wichtig für das Risikomanagement und die Einschätzung, welche Einflüsse sich negativ auf die langfristige Performance eines Portfolios auswirken – aber auch, welche Aspekte positive Wirkungen auf die Performance haben.
Die Ambitionen sind hoch, aber nicht alle Private-Equity-Fonds haben ihre Perspektive in punkto ESG bereits von Risikomanagement auf Wertsteigerung verlagert. Ein nachhaltiges Portfoliounternehmen kann mit einem Aufschlag verkauft werden. Eine standardisierte Scorecard kann dazu beitragen, dass ESG-Nachzügler zu Vorreitern werden, indem sie sich auf die relevantesten materiellen ESG-Kennzahlen konzentrieren.
Immer mehr Private-Equity-Unternehmen orientieren sich an ESG-Kennzahlen bei ihren Entscheidungen
Die Motivatoren für die Portfoliosteuerung nach ESG-Kennzahlen sind neben Compliance ein potenziell erhöhter Kaufpreis und Wettbewerbsvorteile, zum Beispiel in Form von gesteigerter Kundennachfrage. Private-Equity-Fonds, die eine Reputation für gute ESG-Performance aufgebaut haben, bekommen als „Investor der Wahl“ öfter den Kaufzuschlag. Außerdem spielt die Aussicht auf Transaktionsfinanzierung durch Banken und andere externe Geldgeber eine Rolle.
Drei entscheidende Grundsätze der nachhaltigen Portfoliosteuerung
Die nachhaltige Portfoliosteuerung basiert auf verschiedenen Grundsätzen, von denen drei aus unserer Sicht besonders entscheidend sind:
- Integration in die Geschäftsstrategie: Die Nachhaltigkeitsstrategie sollte gut mit der Geschäftsstrategie abgestimmt sein. Es kann passieren, dass bestimmte Unternehmen nicht mehr ins Portfolio passen und andere Investments dafür attraktiver werden.
- Spezialisierte Fachkompetenz: ESG ist ein komplexes und sich ständig entwickelndes Feld. Ein dediziertes ESG-Team kann über das erforderliche Fachwissen und die Ressourcen verfügen, um die Portfoliounternehmen in Bezug auf ESG-Fragen kompetent zu beraten. Es kann Trends und Best Practices verfolgen und das Unternehmen auf dem neuesten Stand halten. Die Verantwortung sollte jedoch bei der Geschäftsleitung liegen.
- Langfristige Perspektive: Die nachhaltige Portfoliosteuerung berücksichtigt eine langfristige Perspektive. Um Vorreiter beim Thema ESG zu sein, sollte man über die eigene Halteperiode hinausschauen. Die Portfoliosteuerung zielt darauf ab, nicht nur kurzfristige Gewinne zu erzielen, sondern langfristige Werte für Investoren zu schaffen und so das Asset auch für zukünftige Eigentümer attraktiver zu machen. Ein eigens angelegter Geldpool für nachhaltige Investitionen in den Portfoliogesellschaften kann ein guter Ansatz sein. Im Gegensatz dazu muss bei ESG-Nachzüglern ein Sondervermögen für teure nachhaltige Investitionen beantragt werden. Die Hürden sind also entsprechend größer.
Vom Fragebogen zur Scorecard: Das sind die wichtigsten Metriken
Es ist gängige Praxis, einen jährlichen Fragebogen zu ESG-Kennzahlen an die Portfoliounternehmen zu versenden. Häufig ist der ESG-Fragebogen für jedes Portfoliounternehmen, unabhängig von der Branche, identisch. Einige neigen jedoch dazu, ihn entsprechend der Sektorzugehörigkeit individuell anzupassen.
Verändern sich Annahmen oder die Datenqualität, gilt es, die zu erfassenden Metriken dynamisch anzupassen. Das Ziel ist es, die ESG-Performance während der Halteperiode zu verbessern. Man kann mehrere Portfolio Unternehmen vergleichen, indem zusätzlich die Kennzahlen in Form eines Scoring Modells gewichtet werden.
Treibhausgasemissionen und Energieverbrauch, zwei Themen von globaler Bedeutung, erhalten bei Weitem die meiste Aufmerksamkeit im Environment-Bereich. Die wichtigsten sozialen Kennzahlen drehen sich um Gleichberechtigung und Antidiskriminierung sowie die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Governance-KPIs sind bereits seit Langem ein integraler Bestandteil der Due-Diligence-Prüfungen, vor allem aus der Perspektive der Risikovermeidung. Als wertschöpfende Maßnahme prüfen Private Equities nun nicht nur das Vorhandensein bestimmter Richtlinien, sondern verfeinern die Inhalte der ansonsten binären Governance-Kennzahlen im Scoring-Prozess.
Diese Metriken sind die wichtigsten, weil sie das Unternehmen im Weiterverkauf durch eine stabile Mitarbeitendenschaft attraktiver machen und Einfluss auf die finanzielle Performance haben. Ein Beispiel: Geringerer Stromverbrauch führt zu Kosteneinsparungen und der Umsatz wird durch eine verbesserte Auftragslage gesteigert, indem CO2-Emissionen verringert werden, die hinsichtlich des Scope-3-Reportings von Bedeutung sind.
Transparenz bei ESG-Zahlen kann zu Wertsteigerung führen
Die Unterscheidung zwischen risikomindernden und wertschaffenden KPIs ist nicht immer eindeutig. Jedoch kann allein schon die Transparenz bei ESG-Kennzahlen, unabhängig von der Performance, Wert steigern, da sie eine angemessene Risikobewertung im Due-Diligence-Prozess und einen Ausgangspunkt für mögliche Verbesserungsmaßnahmen während der Haltedauer ermöglicht. Eine über die Core Scorecard hinausgehende Priorisierung unterliegt den Geschäfts- und Betriebsmodellen der einzelnen Portfoliounternehmen.