Rote Boje schwimmt auf dem offenen Meer.

Pillar 2: Globale Mindestbesteuerung für Schifffahrtsunternehmen

Die Steuerpläne der OECD bergen Risiken für die Branche.

Lange Zeit hat sich hartnäckig das Gerücht gehalten, dass die internationale Schifffahrt keine Steuern kennt. Wer sich allerdings mit der Besteuerung von Schifffahrtsunternehmen beschäftigt, weiß, wie hochkomplex die Besteuerung eines solchen Unternehmens sein kann.  

Die Schiffe bewegen sich jeden Tag über die Weltmeere und laufen Häfen in unterschiedlichen Staaten, sogar auf unterschiedlichen Kontinenten an. Die internationale Schifffahrt ist zudem ein wichtiger Faktor der Globalisierung und ist noch heute der wichtigste Teil der Lieferketten. Die Bedeutung der internationalen Schifffahrt für den globalen Handel und seine Lieferketten ist insbesondere während der Pandemie allen klar geworden.

Schifffahrt genießt diverse Steueranreize

Als wichtiges Standbein für Industrie und Handel haben sehr viele Länder spezielle Besteuerungsregime eingeführt, um die internationale Schifffahrt im eigenen Land zu incentivieren. So bildeten sich rund um die großen Handelsrouten der Welt entsprechende Shipping Hubs. Im internationalen Steuerrecht hat die Schifffahrt eigene Besteuerungsregeln, die in Doppelbesteuerungsabkommen oder gar eigenen Abkommen über die Besteuerung von Schifffahrtsunternehmen manifestiert sind. Sie sollten als Vereinfachung gelten und klar regeln, welches Land was besteuern darf. Die regionalen Tax Incentives führten in der Tat dazu, dass die effektive Steuerbelastung von Schifffahrtunternehmen immer sehr gering war.

Im Grundsatz lässt sich sagen, dass Unternehmen, die internationale Schifffahrt betreiben, in dem Land besteuert werden, in dem sich die Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.

Der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr bedingt nicht nur ein internationales Netzwerk, sondern auch einen weiten Kreis an sonstigen Dienstleistungen, die den Betrieb der Schiffe überhaupt erst möglich machen. Dazu gehören nicht nur die Finanzierung, sondern auch technische und kommerzielle maritime Dienstleistungen. Die globale maritime Wirtschaft hat viele Verästelungen, von denen einige ebenfalls unter die besonderen Regelungen der Besteuerung fallen.

Veränderungen der Branche: Neue Geschäftsfelder und Rekorderträge durch die Pandemie

Getrieben von knappen Ressourcen im Bereich Crewing, dem demografischen Wandel sowie der Digitalisierung hat sich die internationale Schifffahrt in den vergangenen zehn Jahren stark verändert. Die Unternehmen haben sich international anders aufgestellt, Geschäftsfelder erweitert und aufgrund veränderter Finanzierungsanforderungen neue Strukturen etabliert.

Die Frage nach dem Ort der Geschäftsleitung des Unternehmens wurde schwieriger. Gleiches gilt für die Frage der Erträge und Kosten, die mit dem Schifffahrtsbetrieb in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Die Restrukturierung der Branche in all ihren Facetten ließ die seit Jahrzehnten bewährten regionalen Besteuerungsregime und die international geltenden Besteuerungsregeln überholt erscheinen.

Die lang anhaltende Schifffahrtskrise, gepaart mit mangelnder Umsetzung von Effizienzmaßnahmen und Kooperationen entlang der Lieferkette, führte zu hohen Verlusten bei den Unternehmen. Entsprechend gab es für die steuerlichen Gesetzgeber auf nationaler und internationaler Ebene erst einmal keinen Anlass, die Besteuerung für die internationale Schifffahrt zu überarbeiten.

Doch heute sieht das ganz anders aus. Die Pandemie wirkte sich erheblich auf die Lieferketten entlang der Handelsrouten aus und trieb durch die entsprechenden Kapazitätsengpässe die Frachtraten auf ein Rekordniveau. Entsprechend erwirtschafteten die Schifffahrtsunternehmen Erträge auf einem Rekordniveau.

Effekt der globalen Mindestbesteuerung für die Schifffahrt

In diesem Umfeld wird nun die größte internationale Steuerreform ausgerollt. Ziel der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist es, insbesondere die Niedrigbesteuerung von Gewinnen durch die Einführung eines Mindeststeuersatzes von effektiv 15 Prozent zu beenden sowie Transparenz in Strukturen und der Besteuerung von Unternehmen zu schaffen.

Die Einführung der globalen Mindestbesteuerung hat selbstverständlich einen großen Einfluss auf die Besteuerung von Schifffahrtsunternehmen. Wer meint, sich zurücklehnen zu können und auf die Ausnahmeregelungen von Erträgen aus dem internationalen Seeverkehr verweisen zu können, geht womöglich ein großes Risiko ein. Denn in den veröffentlichten Richtlinien zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung stechen zwischen den Zeilen die steuerlichen Risiken bereits ziemlich klar hervor. Insbesondere stellt sich die Frage, welche Erträge denn tatsächlich von der Freistellung betroffen sind.

Viele offene Fragen bei der globalen Mindeststeuer

Die Frage rund um den Umfang der Schifffahrtsbegünstigungen stellte sich schon immer, denn es gab in der Besteuerung der internationalen Schifffahrt wenig Schwarz und Weiß, aber dafür sehr viel Grau. Die großen Verluste der Branche haben möglicherweise nur niemanden diese Fragen stellen lassen.

Doch es gibt eine Veränderung: Die speziellen regionalen Besteuerungsregime mit Subventionscharakter sowie deren Ausmaß und Voraussetzungen werden schon seit Längerem diskutiert. Auch im Zusammenhang mit den internationalen Regelungen zur Zuweisung von Besteuerungsrechten für internationale Schifffahrtseinkünfte kommt immer wieder die Frage auf, was denn überhaupt Erträge aus dem internationalen Seeverkehr sind.

Diese Diskussion wird mit der Einführung der globalen Mindestbesteuerung ein neues Level erreichen. Denn auch hier gibt es keine eindeutige Definition von Erträgen und Kosten aus dem internationalen Seeverkehr, die von der Anwendung der Regelungen ausgenommen werden sollen.

Darüber hinaus kommen die Ausnahmeregelungen grundsätzlich nur in Betracht, wenn das strategische und wirtschaftliche Management aller betroffenen Seeschiffe tatsächlich von dem Steuerhoheitsgebiet aus erfolgt, in dem die Geschäftseinheit belegt ist. Im Moment gibt es zu dieser Voraussetzung noch großen Diskussionsbedarf.

Strukturen und Prozesse von Schifffahrtsunternehmen sollten angepasst werden

Im Hinblick auf die Einführung der globalen Mindestbesteuerung sollte jedes Schifffahrtsunternehmen die Steuerbrille aufsetzen und seine eigenen Strukturen sowie Einkommens- und Kostenströme überprüfen und entsprechende Maßnahmen ergreifen.