Grünflächen inmitten von Hochhäusern in der Großstadt

So gelingt Städten die Transformation zur Klimaneutralität

Net Zero Readiness 2050: Auf diese fünf Aspekte kommt es jetzt besonders an.

Städte sind im Kampf gegen den Klimawandel als bedeutende Akteure weltweit erheblich gefordert. Die Urbanisierung wird voranschreiten – und der CO2-Ausstoß auch, wenn nicht gegengesteuert wird.

Welche Wege gehen große Städte aktuell, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, und welche Lösungen haben sie gefunden? Das haben wir in unserer globalen Nachhaltigkeitsstudie „Net Zero Readiness spotlight: Cities“ analysiert. 50 ausgewählte Städte wurden genauer untersucht und Schlüsselsektoren identifiziert. Es gibt fünf Faktoren, die für die erfolgreiche Transformation besonders relevant sind.

1. Nachhaltige Finanzierung

Der Wandel zu Net Zero ist eine finanzielle Mammutaufgabe, die Städte und Staaten nicht allein stemmen können. Stattdessen wird privates Kapital nötig sein, um ambitionierte Klimalösungen umzusetzen. Städte sollten daher Anreize für Investitionen entwickeln, die eine für den Privatsektor leistbare Risikoteilung vorsehen.

Das heißt: Um privates Geld anzulocken, gilt es, das Risikoniveau potenzieller Investitionen zu senken. “Blended Finance” ist eine Option. Das beinhaltet den strategischen Einsatz öffentlicher Entwicklungsfinanzierung zur Aktivierung privater Kapitalflüsse, um positive Effekte sowohl für Kapitalanleger als auch für die geförderten Projekte zu erzielen.

Auf dem internationalen Markt sind in unserer Studie zudem zunehmend Climate FinTechs erkennbar geworden. Diese Institutionen kombinieren nachhaltige Finanzierungsmodelle mit innovativen Klimaschutztechnologien. Städte sollten sich dieser alternativen Quellen von Kapital und Expertise bewusster werden, denn die Geldgeber können die Städte auf dem Weg Richtung Net Zero maßgeblich unterstützen.

Die Städte selbst sollten das Ziel verfolgen, den Klimaschutz in ihrer strategischen Planung, ihrer Raumplanung sowie ihrer Haushaltsplanung zu verankern.

2. Gerechte Operationalisierung

Stadtbevölkerungen sind sozial sehr heterogen zusammengesetzt, das Gefälle zwischen vermögenden und armen Schichten ist groß. Die Kommunen sind gefordert, benachteiligte Gruppen stärker einzubinden.

Im Hinblick auf den Klimaschutz sollen Städte das Thema Klimagerechtigkeit oben auf ihre Agenda setzen. Das heißt nicht nur, dass benachteiligte Bevölkerungsgruppen zur Beteiligung an Net-Zero-Planungen animiert werden sollten. Es gilt auch sicherzustellen, dass Lasten und mögliche Erträge gerecht verteilt werden und dies in Klimaschutzpläne und -vorhaben verbindlich integriert wird. So können Städte gesellschaftliche Spannungen abfedern und auf dem Weg zur Klimaneutralität möglicherweise sogar eine soziale Trendwende einleiten.

3. Umfassende Nutzung von Daten

Lückenlose Zahlenwerke zu erstellen, um den eigenen Fortschritt etwa bei der Senkung von Treibhausgasemissionen nachzuverfolgen, ist für Städte ein komplexes Unterfangen. Und doch ist die datengesteuerte Herangehensweise unerlässlich. Städte benötigen daher leistungsfähige IT-Tools. Andernfalls basieren kommunale Entscheidungen auf subjektiven Wahrnehmungen.

Zugang zu umfassenden Datenerhebungen ist nicht nur für Planungen notwendig, sondern auch für die Evaluierung bereits getroffener Entscheidungen: Welche Maßnahmen haben sich bewährt? Wo sollte zusätzlich investiert werden – und bei welchen Projekten geht die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht auf? Fehlen die Daten, wird es für kommunal Verantwortliche einerseits schwierig, der Stadtbevölkerung Erfolge nachzuweisen, andererseits werden potenzielle Investoren abgeschreckt, wenn auf Meinungen statt auf Zahlen gesetzt wird.

Künftig kann es erfolgversprechend werden, Big Data und künstliche Intelligenz zu nutzen. Städte könnten beispielsweise „digitale Zwillinge“ ihres urbanen Raums kreieren, um virtuell die Auswirkungen diverser Emissionsreduzierungsprojekte zu simulieren. Wichtig bei all diesen Konzepten ist allerdings die Interoperabilität der Daten. Das bedeutet: Um das Potenzial von Datenanalysen auszuschöpfen, sollten deutlich mehr Ämter als bisher friktionslos Zugang zu den Erhebungen erhalten.

4. Innovative Kooperationen

Eine Zusammenarbeit mit womöglich auf den ersten Blick ungewöhnlichen Stakeholdern (Cross-sector partnerships) kann helfen, neue Ideen zu generieren – besonders in Fachgebieten, in denen kommunale Verantwortliche bislang keine Erfahrungen gesammelt haben. Mögliche Partner sind vielfältig: Privatunternehmen, staatliche Einrichtungen, NGOs, bürgerschaftliche Initiativen oder Interessengruppen.

Besonderes Augenmerk sollte auf der direkten Zusammenarbeit mit Bevölkerungsgruppen in einzelnen Stadtteilen liegen, denn Net Zero „im kleinen Rahmen“, also beispielsweise in einem kleinen Quartier, ist ebenso relevant wie die Makrosicht, also der Top-down-Ansatz. Stadtviertel und Nachbarschaften gelten zudem als ideale Standorte für erste Tests größer angelegter Projekte, bei denen die Menschen unmittelbare Effekte ihres eigenen Handelns sehen können.

5. Wegweisende Technologien

Einer Studie der Weltbank zufolge könnten noch nicht entwickelte Technologien künftig rund die Hälfte der für die Klimaneutralität nötigen Emissionseinsparungen leisten. Städte sollten unserer Meinung nach mit dem Privatsektor zusammenarbeiten, beispielsweise mit innovativen technologieorientierten Start-ups, um neue Hightech-Lösungen in der Fläche anwendbar zu machen. Nicht zuletzt in den Bereichen Energiespeicherung, Gebäudetechnik, Mobilität, Logistik und Müllentsorgung könnten neuartige Lösungen erfolgversprechend sein.