Den deutschen Kapitalmarkt stärken, die Attraktivität des deutschen Finanzstandorts erhöhen, (jungen) Wachstumsunternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital erleichtern: Das sind die Ziele des Zukunftsfinanzierunggesetzes (ZuFinG), das am 14. Dezember 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Die Änderungen sind seit 1. Januar 2024 in Kraft.
Mitarbeiterkapitalbeteiligungen steuerlich fördern
Ein für Unternehmen und ihre Beschäftigten wichtiger Teil des ZuFinG betrifft die Mitarbeiterkapitalbeteiligung, die Unternehmen im Kampf um Talente als Pluspunkt nutzen können, indem sie Mitarbeitende am Erfolg des Unternehmens teilhaben lassen.
In diesem Beitrag stellen wir die in Kraft getretenen Neuerungen im Hinblick auf das Einkommensteuergesetz (EStG) vor und erörtern, was daraus für Unternehmen und die Arbeitnehmer:innen folgt. Wir gehen auch darauf ein, welchen Einfluss die geplanten gesetzlichen Änderungen auf Trends bei Mitarbeiterkapitalbeteiligungen möglicherweise haben.
Die Reform betrifft zwei Aspekte: den Freibetrag (§ 3 Nr. 39 EStG), der die steuerfreie Übertragung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen bis zu einem bestimmten Betrag ermöglicht, und den Besteuerungsaufschub (§ 19a EStG), der die sogenannte Dry-Income-Problematik insbesondere bei Start-ups reduziert.
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Freibetrag (§ 3 Nr. 39 EStG)
Der Freibetrag für den geldwerten Vorteil aus der verbilligten oder unentgeltlichen Überlassung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen wurde von derzeit 1.440 Euro pro Jahr auf 2.000 Euro erhöht. Zentrale Voraussetzung für den Freibetrag bleibt weiterhin, dass das Beteiligungsangebot allen Mitarbeitenden offensteht, die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe mindestens ein Jahr im Unternehmen beschäftigt sind.
Derzeit kann der Freibetrag auch durch Entgeltumwandlung in Anspruch genommen werden. Aus Sicht der Praxis ist es erfreulich, dass dies auch weiterhin möglich ist. Im früheren Gesetzesentwurf war geplant, den steuerlichen Freibetrag bei Entgeltumwandlung gänzlich auszuschließen. Außerdem wird auch von der im ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgesehenen dreijährigen Haltefrist abgesehen.
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Besteuerungsaufschub (§ 19a EStG)
Das bestehende Privileg der nachgelagerten Besteuerung (Besteuerungsaufschub) ist bislang auf Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von sogenannten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) beschränkt, die nicht älter als zwölf Jahre alt sind (KMU-Schwellenwerte: 250 Mitarbeitende sowie (kumulativ) ein maximaler Jahresumsatz von 50 Millionen Euro oder eine Jahresbilanzsumme von bis zu 43 Millionen Euro).
Die Begünstigung wird künftig auf Unternehmen ausgeweitet, die nicht älter als 20 Jahre sind, nicht mehr als 1.000 Mitarbeitende beschäftigen sowie einen Jahresumsatz von nicht mehr als 100 Millionen Euro oder eine Jahresbilanzsumme von nicht mehr als 86 Millionen Euro haben. Für die Prüfung, ob die Schwellenwerte nicht überschritten werden, soll künftig ein Betrachtungszeitraum sogar von sieben statt bisher zwei Jahren gelten. Die Anteilsgewährung fällt nun auch unter den Anwendungsbereich, wenn die Übertragung nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem (Gründungs-) Gesellschafter des Arbeitgebers vorgenommen wird.
Hintergrund des Besteuerungsaufschubs ist die Entschärfung des Dry-Income-Problems. Der verbilligte oder unentgeltliche Erwerb einer Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers stellt grundsätzlich – soweit der Freibetrag nicht anwendbar oder bereits ausgeschöpft ist – steuerpflichtigen Arbeitslohn (Sachbezug) dar, ohne dass dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Erwerbs tatsächlich liquide Mittel zufließen. Da die Besteuerung ohne Zufluss von liquiden Mitteln jedoch insbesondere bei liquiditätsschwachen Wachstumsunternehmen problematisch ist, hat der Gesetzgeber für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen an den oben definierten Unternehmen den Besteuerungsaufschub eingeführt.
Bisher ist der Besteuerungsaufschub für maximal zwölf Jahre möglich. Künftig soll der geldwerte Vorteil erst nach 15 Jahren besteuert werden, sofern der/die Arbeitnehmer:in die Beteiligung nicht zuvor veräußert oder sein/ihr Dienstverhältnis beendet hat. Zusätzlich kann in den Fällen, in denen es nach 15 Jahren oder bei Beendigung des Dienstverhältnisses zu einer Nachversteuerung kommen würde, die Besteuerung weiter bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung aufgeschoben werden – sofern der Arbeitgeber bereit ist, für die einzubehaltenden Lohnsteuerbeträge zu haften.
Die im Regierungsentwurf vorgesehene Erweiterung des Besteuerungsaufschubs auf Fälle, in denen Anteile an Konzerngesellschaften im Sinne des § 18 AktG (Konzernklausel) gewährt werden, wurde nicht in das beschlossene Gesetz übernommen.
Implikationen des höheren Freibetrags inkl. Haltefrist für die Praxis
Die Pläne der Regierung sind ein großer Schritt, um die steuerliche Attraktivität der Mitarbeiterbeteiligung zu erhöhen.
Positiv hervorzuheben ist bei der Erhöhung des Freibetrags, dass auch die steuerfreie Entgeltumwandlung bis zu 2.000 Euro möglich bleiben soll. Unternehmen, die den bisherigen Freibetrag von 1.440 Euro durch Entgeltumwandlung nutzen, müssen ihr Beteiligungsprogramm nicht anpassen.
Auswirkungen des erweiterten Besteuerungsaufschubs
- 19a EStG wird in der Praxis derzeit kaum genutzt. Dies liegt nach unserer Einschätzung zum einen an den engen Alters- und Größenkriterien, die das Arbeitgeberunternehmen erfüllen muss sowie an der unsicheren Liquiditätsproblematik eines Besteuerungseintritts bei Wechsel des Arbeitgebers. Durch die Erweiterung der Alters- und Größenkriterien können nun mehr Unternehmen, insbesondere auch Scale-Ups, in den Anwendungsbereich fallen. In den Anwendungsbereich wurden auch die für Start-ups besonders relevanten vinkulierten Anteile aufgenommen – also solche, bei denen die Zustimmung zur Übertragung erforderlich ist.
Offen ist aktuell noch, wie die Arbeitgeber auf die Möglichkeit reagieren, die Besteuerung weiter bis zur tatsächlichen Veräußerung der Anteile aufzuschieben. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitgeber die Haftung für die Lohnsteuer übernimmt. Für Arbeitgeber stellt sich jedoch die Frage, ob dies gewollt ist.
Bei der Implementierung oder der Anpassung eines Mitarbeiterkapitalbeteiligungsprogramms sind neben steuerlichen Implikationen häufig auch rechtliche, strategische und prozessuale Themen zu betrachten.