Wie können Start-ups und Verwaltung voneinander profitieren und zusammenarbeiten? Damit beschäftigt sich dieser erste Teil der Klardenker-Reihe „Start-ups und Verwaltung Hand in Hand“. Im zweiten Teil zeigen wir, dass das Vergaberecht bei der Zusammenarbeit keine Hürde sein muss. In Teil 3 nehmen wir die Rolle von Start-ups auf dem Weg zu smarten Städten in den Blick. Teil 4 behandelt die Rolle von Start-up-Einheiten in der öffentlichen Verwaltung.
Die öffentliche Verwaltung hat sich viel vorgenommen. Laut Digitalstrategie der Bundesregierung sollen bis 2025 Behördenleistungen flächendeckend digital und möglichst per Smartphone erledigt werden können. Ein digitaler Kulturwandel, mehr Nutzerorientierung und Innovationen sollen her. Das erklärte Ziel: ein Platz unter den Top 10 im Bereich Verwaltungsdigitalisierung des Digitalisierungsindex „DESI“ der Europäischen Union (EU).
Die Bestandsaufnahme zum Jahresbeginn 2023 dürfte jedoch eher durchwachsen ausfallen. Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, das die Digitalisierung von 575 Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 vorsah, ist gescheitert. Aktueller Rang im „DESI“, Kategorie Verwaltungsdigitalisierung: 18 von 27. Und gerade mal etwas mehr als ein Viertel der Kommunen hat laut Kommunalstudie des Bundeswirtschaftsministeriums eine Digitalisierungsstrategie ausgearbeitet. Das zeigt: Bei dem Thema hat die öffentliche Hand noch erheblich Nachholbedarf.
Lösungen und Wissen von Start-ups nutzen
Die öffentliche Verwaltung benötigt also dringend einen Innovationsschub und mehr Geschwindigkeit bei der Digitalisierung. Um das zu erreichen, könnte der öffentliche Sektor vom Ideenreichtum, der agilen Arbeitsweise und den technologischen Lösungen aus der Gründerszene profitieren. Zugegeben: Mit Start-ups allein wird die öffentliche Hand kaum den Digitalisierungsrückstand der vergangenen Jahre aufholen können.
Doch viele junge Unternehmen entwickeln Lösungen, die zumeist höchst pragmatisch sind und die Verwaltung digitaler und bürgerfreundlicher machen können. Start-ups bringen außerdem viel digitales Wissen und moderne Arbeitsmethoden mit. Eine Befragung, die das Institut für den öffentlichen Sektor unter Verwaltungsbeschäftigten durchgeführt hat, zeigt immerhin, dass rund drei Viertel die Lösungen und das Wissen von Start-ups für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung bzw. öffentlicher Unternehmen als relevant bis sehr relevant einschätzen.
Es braucht den Mut, Neues ausprobieren
Damit neue Lösungen gemeinsam mit Start-ups umgesetzt werden, braucht es zuallererst Mut, neue Wege zu gehen. Dazu gehören eine neue Fehlerkultur und Menschen, die Lust auf Neues haben. Beispiele aus der Praxis zeigen, dass eine Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Gründerszene zumeist dann entsteht, wenn sie von einer innovativen Amts- oder Behördenleitung gewollt und vorangetrieben wird. Verwaltungen aller Größenordnungen können zudem Experimentierräume schaffen, zum Beispiel Innovationslabore, in denen gemeinsam mit Start-ups unter Anwendung agiler Methoden nutzerorientierte Lösungen entwickelt und getestet werden.
Zusammenarbeit durch stärkere Vernetzung fördern
Staat und Start-up: das sind weiterhin zwei Welten, die oft unterschiedlicher nicht sein könnten. Netzwerkveranstaltungen, Marktplatzforen oder Start-up-Verzeichnisse können dabei helfen, dass sich die beiden so unterschiedlichen Akteure besser kennenlernen. Darüber hinaus könnten von der öffentlichen Verwaltung ausgeschriebene Innovationswettbewerbe die Lösungsvielfalt der Gründerszene aufzeigen und somit die Zusammenarbeit fördern.
Mit der Initiative myGovernment und der GovTech Landscape Germany stellt das Institut für den öffentlichen Sektor Plattformen zur gegenseitigen Information und Vernetzung bereit.
Vergaberechtliche Hürden überwinden
Als größtes Hindernis für eine Zusammenarbeit mit Start-ups wird vielfach das Vergaberecht benannt. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber: Das Vergaberecht stellt Methoden und Instrumente bereit, die eine Zusammenarbeit mit innovativen Start-ups ermöglichen, die öffentliche Auftraggeber vielfach aber noch nicht ausreichend nutzen. Zum Beispiel könnte viel häufiger ein Problem statt einer fertigen Lösung ausgeschrieben werden. Im Detail gehen wir darauf im zweiten Teil der Serie „Start-ups und Verwaltung Hand in Hand“ ein.