Haben Sie schon mal etwas von Vanadium gehört? Oder Indium? Falls nicht, geht es Ihnen wie wohl den meisten.
Die beiden Metalle sind kaum bekannt. Dabei sind sie notwendige Ressourcen für den Bau von Solarpanels sowie speziellen Elektroauto-Batterien – und stehen stellvertretend für eine globale Entwicklung: Die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft und die stetig wachsende Bedeutung von erneuerbaren Energien haben auch geopolitische Konsequenzen.
Krieg in der Ukraine macht Abhängigkeiten sichtbar
Der Ukraine-Krieg zeigt deutlich, welche Konsequenzen die Abhängigkeit bei Rohstoffen der „fossilen Wirtschaft“ hat. Der Gaspreis steigt, die Versorgung ist unsicher. Die EU-Kommission will nach den Gräueltaten in der Ukraine die Sanktionen gegen Russland erneut verschärfen und Kohleimporte aus Russland stoppen. Deutschland und die EU versuchen auch ihre Abhängigkeit von Russland als Gaslieferanten, zu verringern. Die Energiebranche prüft dazu verschiedene Alternativen: Etwa die Gasförderung in Kontinentaleuropa und die Möglichkeit, LNG-Terminals in den Niederlanden und Italien zu nutzen sowie ein Weiterbetrieb einzelner Kohlekraftwerke.
Metalle werden zum neuen Öl und führen zu globaler Machtverschiebung
Gleichzeitig muss die Energiewende beschleunigt werden. Doch auch für die erneuerbaren Energien bestehen Rohstoff-Abhängigkeiten, die ein ähnliches Risiko darstellen.
Die für die weltweite Energiewende zentralen Rohstoffe – dazu zählen neben Indium und Vanadium unter anderem auch Graphit und Lithium – werden nur von wenigen Ländern gefördert. Damit werden die Metalle zum neuen Öl und führen zu einer globalen Machtverschiebung, wie unser Whitepaper „Resourcing the Energy Transition: Making the World Go Round” beschreibt.
Geopolitische Dimension
Ob Windräder, Batterien oder Hybridanlagen: Zum Bau von nachhaltigen Energie-Technologien werden in der Regel bestimmte Rohstoffe benötigt, die derzeit nur wenige Länder fördern bzw. abbauen.
So ist die Volksrepublik China Hauptanbieter von Graphit und Indium, die unter anderem zur Produktion von Elektroauto-Batterien und Solarpanels wichtig sind. Cobalt, das beispielsweise für Batterien benötigt wird, wird vor allem in der Demokratischen Republik Kongo abgebaut.
Im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung der Weltwirtschaft wird dies brisant. Immer mehr Staaten setzen auf erneuerbare Energien. In der Folge wird die Nachfrage nach Materialien wie den genannten in den kommenden Jahren enorm steigen. Der Bedarf nach Indium etwa könnte bis zum Jahr 2050 auf 34.000 Tonnen anwachsen, während die bekannten Reserven derzeit nur 15.000 Tonnen betragen.
Die Konsequenz: Die geopolitischen Machtverhältnisse könnten sich von den Öl-Staaten hin zu den Ländern verschieben, die die Energiewende-Ressourcen kontrollieren. Gleichzeitig hat der strategische Wettbewerb um diese Rohstoffe das Potenzial, Lieferketten erheblich zu beeinträchtigen.
Strategien gegen geopolitische Abhängigkeit
Um geopolitische Abhängigkeiten zu vermindern, sollten Unternehmen darauf setzen, die seltenen Ressourcen nach einem Kreislaufwirtschaft-Prinzip möglichst lange und oft zu verwenden. Das gilt in drei Hinsichten:
- Nachfrage: Hersteller von Energiewende-Technologien sollten nach Wegen suchen, um mit einer geringeren Menge an seltenen Rohstoffen produzieren zu können.
- Zirkuläres Design: Unternehmen aus dem Automobil- oder dem Energiesektor sollten versuchen, zirkuläre Designprinzipien in die Produktion von Elektrofahrzeugen oder Energieanlagen wie Windturbinen und PV-Panels einzubeziehen. So nähern sich etwa die ersten Solarpanels dem Ende ihrer Lebensdauer (ca. 25 Jahre). Mit Investitionen in die notwendige Infrastruktur könnten sie theoretisch zu einer Quelle vieler wertvoller Materialien werden – einschließlich Silikon, Silber, Glas und Aluminium.
- Rückgewinnung: Insbesondere Fertigungsunternehmen sollten darüber nachdenken, Lieferanten entlang der Wertschöpfungskette Anreize zur Wiederverwendung von seltenen Ressourcen zu geben. So ließen sich etwa Leasing- und Wiederaufbereitungsverträge entwerfen, die einen finanziellen Vorteil für den Erhalt von bestimmten Materialien bieten – und etwa die Sammlung und das Recycling von Edelmetallen aus ausrangierten Batterien und Elektronikgeräten fördern.
Ein Punkt, der auch erwähnt werden sollte. Die Messung der Kreislaufwirtschaft: Dazu hat das World Business Council for Sustainable Developement mit 30 Unternehmen weltweit Indikatoren entwickelt. Diese können branchen- und wertkettenübergreifend angewendet werden und sind unabhängig von Material, Sektor oder Technologie.
Unternehmen, die in diesem Sinne auf Kreislaufwirtschaft setzen, können nicht nur Kosten sparen und Engpässe in der Versorgung vermeiden. Sie machen sich insbesondere für die Kapitalmärkte und andere Stakeholder attraktiv.
Nachhaltig bewegen – Der Sustainability Talk von KPMG