Plattformunternehmen wie Social-Media- und E-Commerce-Unternehmen haben die Möglichkeit, schon allein durch ihre hohe Reichweite einen positiven Beitrag zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) zu leisten. Wenn Nachhaltigkeit in Verbindung mit den Geschäftspraktiken umgesetzt wird, können Unternehmen nicht nur Risiken mindern und dazu beitragen, dass die Welt nachhaltiger wird, sondern auch ihren Markenwert steigern. Um einen echten Impact zu schaffen, sollten die ESG-Strategie und der Zweck des Unternehmens im Einklang stehen.
Herausforderungen: Datenschutz und Privatsphäre
Verschiedene Stakeholder von Plattformunternehmen, einschließlich Kund:innen, Mitarbeitenden, Investor:innen und Regulierungsbehörden, erwarten zunehmend, dass diese Unternehmen ESG-Aspekte in ihre Geschäftspraktiken integrieren. So möchten beispielsweise Kund:innen auf Plattformen zugreifen, die ethisch und moralisch verantwortungsbewusst sind und sich für den Schutz ihrer Privatsphäre und persönlichen Daten einsetzen.
Aus dieser Risikoperspektive stehen daher bei der Strategie zu mehr Nachhaltigkeit oft die Governance-Themen im Fokus, da diese eine hohe Bedeutung für den Werterhalt und die Attraktivität der Plattform haben. Für eine ganzheitliche Strategie und um Wertsteigerungspotenziale zu heben, sollten Plattformunternehmen jedoch auch Umweltaspekte und soziale Themen einbeziehen und von einer Risiko- zu einer Chancensicht wechseln. Diese Punkte sind für einen ganzheitlichen Ansatz von Nachhaltigkeit zu beachten:
Einsparen von Energie – das „E“ in ESG
Bei der Kostenfrage besteht branchenübergreifend Einigkeit unter Unternehmen: Steigende Energiepreise, Ressourcenknappheit und drohende Emissionssteuern geben Anreize, negative Externalitäten auf die Umwelt zu reduzieren. Es gibt verschiedene Ansätze, Netzwerke umweltfreundlich zu betreiben, gleichzeitig Kosten zu senken und die Ziele des EU Green Deals zu unterstützen: Drosseln des Datenvolumens, Senken des Energieverbrauchs von Rechenzentren und Servern sowie Datenzentren, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Reduktion des Energieverbrauchs ist dabei ein Kernthema, auch aufgrund der öffentlichen Wahrnehmung.
Daneben sollten Plattformunternehmen auch aktuell noch eher als Nische angesehene Wege wie den des „Green Coding“ oder optimierten Coding gehen, bei dem der Code so gestaltet wird, dass er in der Anwendung möglichst effizient ist und dadurch wenig Energie verbraucht.
Indem sie solche Umweltthemen in ihre ESG-Strategie integrieren, können Plattformunternehmen nicht nur ihre Auswirkungen auf die Ökosysteme verringern, sondern auch Energiekosten sparen und ihre Reputation und Glaubwürdigkeit bei umweltbewussten Kund:innen und Investor:innen verbessern.
Gesellschaftlicher Mehrwert und Einklang von Unternehmenskultur und Geschäftsmodell – das „S“ in ESG
Plattformunternehmen verschreiben sich in ihrem Unternehmenszweck der Aufgabe, durch die Interaktion der Nutzer:innen Mehrwert zu generieren. Ein Ziel der Produktentwicklung ist es somit, Barrieren abzubauen, Inklusion zu fördern und dadurch eine höhere Attraktivität und mehr unternehmerischen Erfolg zu erlangen. Innovationen, die zum Beispiel die Barrierefreiheit von Webseiten verbessern, sind für Plattformunternehmen eine zentrale werterhaltende Maßnahme.
Bei einem Geschäftsmodell, das einen offenen Austausch fördern möchte, sollte das soziale Wertversprechen aber auch nach Innen im Einklang mit authentischer und ethischer Führung stehen: Soziale Themen wie Gleichberechtigung, Chancengleichheit und Barrierefreiheit sind daher auch in der Unternehmenskultur zu berücksichtigen. Ein positiv wahrgenommenes Arbeitsumfeld, Wertschätzung und Diversität bei den Mitarbeitenden sorgen so für eine bessere Bindung und Gewinnung von Talenten, was nachweislich zu niedrigeren Recruitingkosten und höherer Produktivität führen kann.
Da die Geschäftspraktiken von Plattformunternehmen oftmals eine breite Öffentlichkeit erreichen, ist es umso wichtiger, sich auch intern für Diversität und ein wertschätzendes Miteinander einzusetzen.
Reputation von Unternehmen – das „G“ in ESG
Für den nachhaltigen Erfolg und die Entwicklung von Plattformen steht das Vertrauen der Kund:innen im Fokus. Dementsprechend ist eine gute Governance ein kritischer Erfolgsfaktor, um Reputationsrisiken, beispielsweise als Folge von Datenschutzskandalen, so weit wie möglich zu reduzieren.
Gleichzeitig steigt bei Nutzer:innen das Bewusstsein für die ethische Verwendung von Algorithmen. Unternehmen, die frühzeitig in die Anwendung von z.B. Ethical AI investieren, können neben der Governance auch ihre Marktwahrnehmung durch Produktdifferenzierung verbessern. So kann Ethical AI dazu beitragen, das Vertrauen in die Plattform zu stärken, und zum Beispiel Vorurteile bei Produktplatzierungen zu reduzieren. Dies erhöht die Akzeptanz für das Angebot bei Nutzenden und trägt bei E-Commerce-Plattformen auch dazu bei, den Vertrieb zu stärken und so eine ESG-basierte Wertsteigerung zu ermöglichen. Wenn Unternehmen sicherstellen, dass ihre Algorithmen fair, transparent und verantwortungsbewusst sind, können Verbraucher:innen eher bereit sein, ihre Plattformen zu nutzen und ihnen persönliche Informationen anzuvertrauen.
Fazit: Wirtschaftlicher Mehrwert durch kohärente ESG-Strategie
Wenn Unternehmen ihre ESG-Strategie im Einklang mit ihrem Geschäftsmodell gestalten, geht dies über Spenden an Wohltätigkeitsorganisationen hinaus. Eine kohärente ESG-Strategie beruht auf einer fundierten Analyse, welche ESG-Themen materiell für den Geschäftsbetrieb sind, und verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Damit können Unternehmen ihre Reputation fördern, Kosten senken und auch Umsätze steigern – wenn es gelingt, neue Zielgruppen zu erschließen und die Loyalität bestehender Kund:innen zu steigern. Durch die Integration der Nachhaltigkeitsstrategie in die Geschäftsstrategie können Unternehmen so langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern und Wettbewerbsvorteile aufbauen.