Automobilzulieferer Fahrzeuge fahren auf mehreren Autobahnen

Zukunft der Zulieferer: Der Elektroantrieb verändert die Spielregeln

Mit steigender Nachfrage nach Elektroautos drängen neue Unternehmen auf den Markt.

Eigentlich war in der Automobilindustrie immer alles klar: Im Markt gab es die großen Unternehmen bzw. Hersteller samt ihrer Marken und Autos mit den etablierten Zulieferern. Innovation war evolutionär, noch wichtiger dagegen war die Optimierung der Produktionsabläufe, um regelmäßige Preisnachlässe gewähren zu können. Die Hürden, in diesem Umfeld Fuß zu fassen, waren entsprechend hoch.

Der reine Elektroantrieb der E-Autos macht einige der bestehenden Zulieferprodukte redundant, gleichzeitig erfordert die Nachfrage an technologischen Neuheiten Innovationen in neuen Produktbereichen. Da die großen Unternehmen und Hersteller auch selber investieren müssen, steigt gleichzeitig der Kostendruck bei bestehenden Fahrzeugen.

Verbrenner bleibt parallel zu Wasserstoff-, Elektro- und Hybridtechnologie erhalten

„Wir erleben, dass auch die Zulieferer Elektromobilität erneut als einen der wichtigsten Trends des Jahres betrachten. Verschiedene Antriebsformen führen zu einer höheren Produktvielfalt und entsprechend kleineren Losgrößen in der Produktion“, weiß Matthias Koeplin, Partner bei KPMG in Deutschland.

Für Koeplin, der auch regelmäßig die Lage der Zulieferer für die Automotive Executive Survey skizziert, ist die Stoßrichtung klar: „Laut unserer Erhebung glauben 73 Prozent der Zulieferer, dass der Verbrennungsmotor noch lange bedeutsam neben dem Elektromotor bestehen bleiben wird. Der Antrieb wird in der Übergangszeit durch Hybridtechnologie geprägt sein, als Full und Plug-In Hybrid.“

Am wahrscheinlichsten ist derzeit eine Angleichung der unterschiedlichen Antriebsformen der Fahrzeuge. So sehen Experten Verbrennungsmotor, Hybrid, Brennstoffzelle und Elektroauto mit gleichen Marktanteilen um 25 Prozent bis 2040, jeweils mit regionalen Unterschieden.

Verschiebungen in den Marktanteilen sind möglich

Das Magazin „Der Spiegel“ hatte im Vorfeld der Internationalen Automobilausstellung (IAA) darüber berichtet, dass durch neue Antriebe und E-Mobility ganz neue Unternehmen und Marken mit neuen Fahrzeugen auf den Markt drängen.

„Die traditionellen Automarken haben inzwischen den Wandel erkannt, gerade aber in Kombination mit einem veränderten Nutzungsverhalten sind starke Verschiebungen bei den Marktanteilen möglich. Viele Zulieferer sind nicht bei allen Marken gleich stark vertreten und müssen dies beobachten. Elektromobilität alleine ist noch keine Bestandsgefährdung, auch eine Elektroauto braucht eine Bremse und ein Radlager“, scherzt Koeplin.

Reiner Batteriebetrieb als Wunschdenken?

Ein Elektromotor als „neue“ Antriebsform im Auto sagt noch nichts aus über den verwendeten Energieträger: „Die Probleme sind heute nicht, ob Batteriefahrzeuge besser sind, sondern ob sie massentauglich werden. Das Netz mit Ladestationen wird täglich größer, unter anderem auch durch eine eigene europaweite Initiative der deutschen Autobauer. Doch für akzeptable Ladezyklen ist eine aufwendige Infrastruktur notwendig. Der Strom muss außerdem emissionsneutral erzeugt und zum Ort des Bedarfs transportiert werden.

„Hierfür muss das Netz erweitert werden. 58 Prozent der Zulieferer glauben deshalb, dass der reine Batteriebetrieb im Auto Wunschdenken bleiben wird“, zitiert Koeplin die KPMG-Studie. Dazu kommen Zweifel an der Ökobilanz bei der Batterieherstellung und -entsorgung der Elektroautos.

Nichtsdestotrotz haben sich auch die deutschen Autofahrer mit der Elektromobilität anfreunden können. Waren 2006 laut dem Kraftfahrt-Bundesamt noch rund 1.900 E-Autos auf der Straße unterwegs, waren es in 2017 bereits mehr als 34.000 Autos. Die durchschnittliche Wartezeit auf ein Elektrofahrzeug beträgt bei den Unternehmen heute über zwölf Monate.

China als Spielwiese für E-Autos?

Allerdings sieht der Experte auch unterschiedliche Entwicklungen in verschiedenen Regionen: „Liegt der Fokus auf lokal emissionsfreiem Fahren – zum Beispiel in Mega-Cities – und befindet sich die Infrastruktur noch im Aufbau, wird batteriebetriebene Elektromobilität stärker und schneller kommen. Besonders China ist hier ein gutes Beispiel“, so Koeplin weiter. Aber auch in Europa kann der politische Wille zu schnelleren Veränderungen im Bereich Elektromobilität führen, als wir heute noch erwarten.

Bei bereits bestehender Infrastruktur oder mit der Zielvorgabe komplett emissionsfrei zu fahren, werden dagegen andere Technologien von den Unternehmen entwickelt werden müssen, beispielsweise ein Full-Hybrid, der aber regenerative Kraftstoffe oder sogar Wasserstoff verbrennt. Bis dahin werden in vielen Regionen reine Verbrenner oder klassische Hybridfahrzeuge ihren hohen Marktanteil verteidigen. Insofern bleibt den Automobilzulieferern nichts anderes übrig, als in mehrere Technologien gleichzeitig zu investieren.

Die deutschen Autohersteller und Konzerne wie VW, BMW und Mercedes-Benz sind jedenfalls alarmiert: Ab 2019 führt China eine Elektroauto-Quote ein. „Der Gesetzgeber kann natürlich dafür sorgen, dass sich das Pendel in Sachen Elektroauto in eine bestimmte Richtung bewegt“, so Koeplin weiter.