Eine Frau in einer gelben Warnweste steht mit einem Tablet in einem Warenlager zwischen Regalen.

CBAM: CO2-Preise für Einfuhren in die EU fordern Importeure heraus

Global agierende Unternehmen benötigen technologische Lösungen zur CBAM-Umsetzung.

Um den im Pariser Klimaabkommen vereinbarten 1,5-Grad-Pfad einzuhalten, will die Europäische Union ihre Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken und bis 2050 klimaneutral sein. Ein wesentlicher Baustein dafür ist die Einführung eines CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz: CBAM) ab Oktober 2023.

Mit der neuen Regelung erhebt die EU auch auf Warenimporte aus Nicht-EU-Ländern einen CO2-Preis und erweitert somit den CO2-Emissionshandel auf diese Produkte. Damit sind drei Ziele verbunden:

  1. Die EU will gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen für Unternehmen, die bereits dem EU-Emissionshandel unterliegen, und Unternehmen in Ländern mit niedrigeren Ambitionen zur Einsparung von Treibhausgas-Emissionen.
  2. Der CBAM soll Anreize für Unternehmen außerhalb der EU setzen, Treibhausgas-Emissionen einzusparen.
  3. Die neue Regelung soll es für europäische Unternehmen unattraktiver machen, in Länder mit niedrigeren CO2-Anforderungen abzuwandern (Carbon Leakage).

Die Erfüllung der damit einhergehenden gesetzlichen Anforderungen – dazu gehören der Austausch von CO2-Daten in der Lieferkette sowie eine CO2-Kalkulation für die betroffenen Importe – wird viele Unternehmen ohne den Einsatz passender technologischer Lösungen vor Probleme stellen.

Meldepflicht beginnt im Oktober 2023, der Emissionshandel im Januar 2026

Das CO2-Grenzausgleichssystem wird schrittweise ab Oktober 2023 eingeführt. Ab dann unterliegen Unternehmen zunächst einer Meldepflicht gegenüber der mit der Durchsetzung des CBAM betrauten nationalen Überwachungsbehörde. Für Zement, elektrischen Strom, Düngemittel, Wasserstoff, Eisen, Stahl, Aluminium sowie daraus hergestellte einfache Produkte (beispielsweise Stangen, Profile, Behälter, Schrauben und ähnliches) müssen Unternehmen quartalsweise die in die EU eingeführten Mengen, die in diesen Waren enthaltenen CO2-Emissionen sowie die im Herstellungsland dafür bereits entrichteten CO2-Abgaben melden.

Von Januar 2025 an wird die Einfuhr der oben genannten Waren nur noch EU-Unternehmen gestattet, die sich zuvor in der noch aufzubauenden EU-CBAM-Datenbank registriert haben. Im Januar 2026 startet dann der CO2-Emissionshandel für diesen Warenkreis. Ab diesem Zeitpunkt müssen Importeure unterjährig Emissionszertifikate für jede Tonne CO2 erwerben, die bei der Erzeugung der importierten Produkte im Nicht-EU-Land entstanden ist und dort nicht finanziell ausgeglichen wurde.

Die in den Importen enthaltenen CO2-Emissionen müssen grundsätzlich auf der Grundlage von Ist-Werten ermittelt werden. In Ausnahmefällen kann jedoch auch auf Standardwerte zurückgegriffen werden. Diese werden derzeit von der EU-Kommission vorbereitet und anschließend produkt- und herkunftslandspezifisch zur Verfügung gestellt.

Außerdem müssen die Unternehmen im Rahmen eines jährlichen Veranlagungsprozesses die CO2-Emissionen der in die EU importierten Waren ermitteln und den unterjährig erworbenen Emissionszertifikaten gegenüberstellen. Reichen die Zertifikate nicht aus, müssen diese nachträglich erworben werden, darüber hinaus wird in der Regel ein Bußgeld fällig.

Die Europäische Union beabsichtigt, den Anwendungsbereich des Carbon Border Adjustment Mechanism bis 2030 auf Waren aller Sektoren auszudehnen, die dem EU-Emissionshandel unterliegen. Dadurch werden in den nächsten Jahren alle Unternehmen, die Waren aus Nicht-EU-Ländern in die EU importieren, vom Anwendungsbereich erfasst.

Neue Pflichten stellen Unternehmen vor Herausforderungen

Bereits die quartalsmäßige Berichtspflicht ab Oktober 2023 dürfte vielen Unternehmen Schwierigkeiten bereiten. Sie müssen dann den Import entsprechender Waren erfassen und die Emissionen entlang der Lieferkette bestimmen. Beides dürfte ohne den Einsatz technologischer Lösungen nur schwer realisierbar sein.

Für EU-Unternehmen, die ihre Importe durch externe Zolldienstleister abwickeln lassen, könnte die oftmals fehlende Transparenz es zusätzlich erschweren, die neuen Anforderungen zu erfüllen. Diese Transparenzlücke kann jedoch durch den Einsatz innovativer technologischer Lösungen wie beispielsweise dem Trade Data Check von KPMG geschlossen werden. Mithilfe offizieller Zollanmeldedaten der Zollbehörden ermittelt das Tool zunächst die Menge der eingeführten Waren. Anschließend berechnet es auf der Basis der Ist-Werte oder alternativ der oben genannten CO2-Standardwerte die Menge der in den Importen enthaltenen CO2-Emissionen. Diese bilden ab Januar 2026 die Grundlage für den Zertifikatehandel. 

Ist-Werte müssen stets aktuell erfasst werden – eine Mammutaufgabe

Auch wenn die CO2-Emissionen auf der Basis von Ist-Werten direkt beim Hersteller außerhalb der EU kalkuliert werden sollen, werden Unternehmen in der Regel eine technologische Lösung benötigen, mit der sie die direkt oder indirekt in die hergestellten Waren einfließenden CO2-Emissionen rechtskonform ermitteln können.

Daneben bedarf es vor allem bei komplexen Produkten einer Lösung zum digitalen Austausch von CO2-Werten für in der Produktion eingesetzte Vormaterialien und Energie. Im Falle langer N-Tier-Lieferketten muss sich die genutzte Lösung sogar über die direkten Geschäftspartner eines Unternehmens hinaus erstrecken, um den digitalen Austausch von CO2-Ist-Werten zwischen Unternehmen einer Lieferkette zu ermöglichen.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die CBAM-Aufsichtsbehörden in der EU das Ergebnis der CO2-Kalkulation des Endprodukts nur dann für den Zertifikatehandel anerkennen, wenn es durch einen externen Auditor auf Rechtskonformität geprüft und zertifiziert wurde. Hierfür ist volle Transparenz hinsichtlich der Emissionen in der Lieferkette erforderlich. Zudem müssen die CO2-Ist-Werte zum maßgeblichen Zeitpunkt vorliegen, um eine Zertifizierung des Endprodukts vornehmen zu können. Auch hier können neue Technologielösungen unterstützen, indem sie eine höhere Transparenz schaffen und den Zertifizierungsprozess erheblich beschleunigen.

Mit Beginn des Zertifikatehandels im Januar 2026 müssen EU-Importeure sicherstellen, dass die CO2-Emissionen der innerhalb eines Quartals eingeführten Waren durch eine ausreichende Zahl an CO2-Emissionszertifikaten abgedeckt sind. Auch hier empfiehlt sich die Implementierung technologischer Lösungen, die auf der Grundlage geplanter Lieferabrufe die voraussichtlichen Importe eines Quartals mit ihren Emissionen ermitteln und so den Bedarf der benötigten Zertifikate bestimmen.

Technische Lösungen lassen sich für Synergien nutzen

Die Zeit drängt: Ab Oktober 2023 gilt im Rahmen des CO2-Grenzausgleichssystems die Meldepflicht. Angesichts der sehr kurzen Vorbereitungszeit ist es zwingend geboten, dass sich Unternehmen jetzt auf die neuen gesetzlichen Anforderungen vorbereiten. Technologische Lösungen unterstützen Unternehmen hierbei erheblich und verringern den administrativen Aufwand.

Im Rahmen des CBAM implementierte Lösungen werden voraussichtlich auch Synergien hinsichtlich künftiger produktspezifischer Ökodesign- und Compliance-Anforderungen bieten. Dazu zählen zum Beispiel der digitale Nachhaltigkeitsproduktpass, der CO2-Lebenszyklusfußabdruck, Menschenrechte oder Sozial- und Umweltstandards in der Wertschöpfungskette.

 

Weitere Informationen rund um das Themenfeld Environmental, Social, Governance (ESG) finden Sie auf unserer Themenseite.