Lieferketten sollten transparent sein

Darum ist Transparenz in der Lieferkette ein Muss

Neues EU-Lieferkettengesetz auf den Weg gebracht – das ist wichtig

Wer nachhaltig denkt, sollte auch wissen, wie die eigene Lieferkette aussieht und ohne Probleme Fragen dazu beantworten können. Also zum Beispiel, wo bestimmte Produkte produziert werden, welches Unternehmen diese Produkte herstellt, wie dort die Mitarbeitendenstruktur ist, ob dort die Menschenrechte geachtet werden und auf welchen Wegen die Produkte transportiert werden. Fragen wie diese bzw. die entsprechenden Vorschriften dazu sind unter anderem im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), kurz Lieferkettengesetz, festgehalten. Das Gesetz hat 2023 viele Unternehmen in Deutschland beschäftigt. Denn das Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen zur Prävention von und Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen entlang der gesamten Lieferkette. Es gilt seit Januar 2023 für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitenden und wird ab Januar 2024 auf Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden ausgedehnt.

„Transparenz in der Lieferkette ist ein Muss“

Beim KPMG Zukunftsgipfel habe ich dazu mit Alberto Zamora gesprochen. Er ist Geschäftsführer von osapiens. Die Firma unterstützt Unternehmen mit Software, die die Lieferkette transparenter macht. Für ihn ist klar: „Transparenz in der Lieferkette ist ein Muss.“ Wer schnell Klarheit über seine Lieferkette und die Einhaltung aller Regeln herstelle, „wird einen Wettbewerbsvorteil haben“. Eine Auffassung, die ich uneingeschränkt teile. Und sie gilt gerade jetzt umso mehr, da die Europäische Union (EU) eine neue Richtlinie auf den Weg gebracht hat, die zeitnah verabschiedet werden soll. Nach Inkrafttreten der EU-Richtlinie müssen die EU-Mitgliedsstaaten das Gesetz spätestens nach zwei Jahren in nationales Recht umsetzen. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wird voraussichtlich auf Grundlage des EU-Gesetzestextes vom hiesigen Gesetzgeber angepasst.

Lieferkettengesetz – viel Bürokratie, aber Wettbewerbsvorteil für deutsche Unternehmen

Das EU-Gesetz wird das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz weiter verschärfen bzw. den Pflichtenkatalog erweitern. Betroffene Unternehmen, die bereits Sorgfaltsprozesse etabliert haben, werden demnach weniger stark von plötzlichen Umsetzungsanforderungen belastet. Diese Unternehmen haben idealerweise bereits Erfahrungen bei der Integration von Menschenrechts- und Umweltaspekten in ihre Risikomanagementsysteme, konnten diese bereits verbessern und verfügen nun über solide verankerte Prozesse, auf die sie aufbauen bzw. welche sie nachrüsten können.

Alberto Zamora sieht das ähnlich. Im Gespräch beim Zukunftsgipfel sagte er mir, dass in der Wirtschaft das Lieferkettengesetz wegen seiner bürokratischen Anforderungen auch kritisch gesehen werde. Er glaube aber daran, dass eine intensive Auseinandersetzung damit, wie die Lieferketten transparenter und nachhaltiger werden, eines der wichtigsten Themen sei, mit denen sich die Wirtschaft auseinandersetzen sollten. „Wer es schafft, schnell Transparenz in der Lieferkette herzustellen, wird auch einen Wettbewerbsvorteil haben.“ Die deutsche Wirtschaft werde einen Vorteil haben, weil sie sich schon früher mit Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Lieferkettenaspekten auseinandersetzen musste.

Das Gespräch mit Alberto Zamora können Sie sich hier anschauen. Scrollen Sie nach dem Video weiter nach unten, um die wichtigsten Informationen zum neuen EU-Lieferkettengesetz auf einen Blick zu sehen.

Das sehen die neuen EU-Vorschriften zur Transparenz in der Lieferkette vor:

Wen betrifft die neue EU-Regelung?

  • Unternehmen ab 500+ Mitarbeitenden und 150 Millionen Euro weltweitem jährlichen Nettoumsatz
  • Unternehmen ab 250+ Mitarbeitenden und mehr als 40 Millionen Euro jährlichem Jahresumsatz, wenn sie mindestens 20 Millionen Euro ihres Umsatzes in einem Risikosektor tätigen. Zu Risikosektoren zählen etwa Großhandel mit Textilien, Bekleidung und Schuhe, Landwirtschaft einschließlich Forstwirtschaft und Fischerei, Herstellung von Nahrungsmitteln sowie Bauwesen
  • Unternehmen aus Drittstaaten, die gewisse Umsatzschwellen innerhalb der EU erreichen

 Die wichtigsten Punkte der EU-Regelung

  • Die relevanten Sorgfaltspflichten müssen neben dem eigenen Geschäftsbereich auch entlang einer Aktivitätskette ausgeübt werden, diese umfasst vor- und nachgelagerte Prozesse wie Produktion, Lieferung, Transport, Lagerung, Design und Vertrieb
  • Die zivilrechtliche Haftung wird eingeführt, hierbei gilt eine Frist von fünf Jahren für die Geltendmachung von Ansprüchen
  • Verpflichtete Unternehmen können bei entsprechenden Gesetzesverstößen mit Geldbußen von maximal fünf Prozent ihres Nettoumsatzes sanktioniert werden
  • Betroffene Unternehmen müssen einen Klimaplan einführen, um ihre Geschäftsstrategie an das Ziel der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C anzupassen und klare Ziele zur Emissionsreduktion festzulegen

Was sollten deutsche  Unternehmen jetzt tun, um die neuen Regeln in ihren Prozessen umzusetzen?

 Zunächst muss der Gesetzestext von der EU finalisiert und verabschiedet werden, bevor die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden kann. Unternehmen können dennoch bereits folgende Aktivitäten anstoßen:

  • Erste Einschätzung der Anwendbarkeit und möglichen Relevanz der eigenen Wirtschaftsstruktur in veröffentlichten Risikosektoren einschließlich einer Einordnung möglicher indirekter Auswirkungen durch verpflichtete Kunden
  • Schaffung von Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette durch Überprüfung der Datenlage und -qualität z.B. in Bezug auf Tier-N-Lieferanten
  • Überprüfung und Anpassung der Beschaffungsprozesse sowie interner Richtlinien auf die Integration von Menschenrechts- und Umweltaspekten unter Berücksichtigung der LkSG-Standards (falls noch keine Verpflichtung gemäß LkSG besteht)
  • Identifikation von Schnittstellen und internen Stakeholdern für eine integrierte Umsetzung der CSDDD-Sorgfaltspflichten im Kontext weiterer (kommender) EU-Vorschriften wie CSRD, EU-Taxonomie-VO, EU-Entwaldungsverordnung, Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) und Battery Regulation, um bereits Synergien zu schaffen