Deutschland hat wie wenige andere Volkswirtschaften in den letzten Jahrzehnten die Vorteile der Globalisierung genutzt und davon profitiert. Dabei betrieben deutsche Unternehmen neben einem globalisierten Geschäft auch eine globalisierte IT, insbesondere in Osteuropa und Asien, vor allem in Indien und China.
Konsolidierung durch Shared Services, Outsourcing und Public Cloud
Ein wesentlicher Treiber für diese Entwicklung war die globale Konsolidierung von früher geografisch fragmentierter IT durch externe Shared Services, durch Outsourcing und zunehmend durch Public Cloud.
So wuchs der Markt für Public Clouds, also unternehmensübergreifend konsolidierte IT-Services, von 95 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016 auf 415 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022.
Resilienz spielte gegenüber Effizienz nur eine untergeordnete Rolle
Unternehmen, die ihre Technologie-Services konsolidiert haben, erzielen signifikante Verbesserungen in der Prozess- und IT-Effizienz. Darauf deuten auch Ergebnisse aus dem KPMG Cloud Monitor 2022 hin:
- 40 Prozent der befragten Unternehmen verfolgen eine Cloud-First-Strategie.
- 47 Prozent der Unternehmen nutzen Public-Cloud-Services.
- 78 Prozent der Cloud-Nutzenden und -Planenden wollen durch Cloud-Computing ihre Kosten senken.
Bisher standen die Kriterien Kosten und Marktnähe als Vorteile im Vordergrund, nicht unbedingt das Thema Ausfallsicherheit. Single Sourcing, also der Bezug eines Produkts von einem einzigen Lieferanten, und die Verlagerung von Geschäftsaktivitäten an einen einzigen Ort führten in einigen Fällen ohne eine gute Risikobewertung langfristig zu einem erhöhten Abhängigkeits- und Lock-in-Risiko.
Allerdings stellen IT-Technologien wie zum Beispiel die Public Cloud heute das alte Paradigma in Frage, wonach Resilienz nur auf Kosten der Effizienz erkauft werden kann.
Digitales Derisking und digitale Entkopplung, nicht De-Globalisierung
Angesichts der seit Jahren zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China erleben wir die Entstehung einer neuen multipolaren Welt. Auch der Krieg Russlands in der Ukraine hat die geopolitische Lage verschoben. Es entstehen mehr Handelskonflikte, in der Folge kommt es zu höheren Zöllen und größerer geopolitischer Ungewissheit mit entsprechenden makroökonomischen Unsicherheiten. Die Auswirkung: Viele in der Vergangenheit eingegangene Risiken treten jetzt zutage. Darauf reagiert die Politik mit neuen Derisking-Ansätzen, etwa die Bundesregierung in ihrer China-Strategie oder die G7-Staaten.
Cloud-Anbieter, IT-Dienstleister und breit aufgestellte Technologieanbieter streben nach größerer Belastbarkeit mit neuen, stärker verteilten Cloud-Regionen, Auslieferungszentren und Produktionsstätten. Führende Unternehmen evaluieren ihre Outsourcing-, Public-Cloud- und Standortstrategien neu und nutzen Möglichkeiten zu Anpassungen. Sie beginnen, Technologiedienstleistungen selektiv geografisch zu entkoppeln und ihre Outsourcing-, Public-Cloud- und Shoring-Standorte selektiv zu diversifizieren, um Risiken zu verringern.
Diese Schritte führen unweigerlich dazu, dass Unternehmen die Effizienz von Shared Services, Outsourcing und Public Cloud verlieren:
- Zusätzliche Shoring-Standorte umfassen häufig solche, die in der Vergangenheit aufgrund höherer Kosten bewusst nicht in die engere Wahl gezogen wurden.
- Maßnahmen zur Verkürzung langer Lieferzeiten bei Technologiegütern erfordern eine höhere Lagerhaltung und damit höhere Kosten.
- Die digitale Entkopplung und eine stärkere Segmentierung der digitalen Infrastrukturen reduzieren Synergien in deren Betrieb.
Dreistufiges Modell, um Synergieverluste zu begrenzen
Kunden von KPMG nutzen ein dreistufiges Modell zur digitalen Entkopplung, um die IT-Resilienz zu erhöhen, die IT-Komplexität zu reduzieren und den Verlust von IT-Synergien zu minimieren.
Abb.: KPMG Framework für digitales Derisking und digitale Entkopplung
Unternehmen sollten die Entkopplung von bestimmten Ländern und Regionen sowie die Diversifizierung von Standorten und Lieferanten unbedingt unternehmensindividuell, risikoadjustiert und datenbasiert betreiben. Das heißt: unter Berücksichtigung der spezifischen Risiken der Branche, des Unternehmens, der Outsourcing-Partner und der Shoring-Standorte. Auf diese Weise können Effizienzverluste bei den Technologiedienstleistungen begrenzt werden.