Im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nennt man Afrika „den Chancenkontinent“, einen „Kontinent des Aufbruchs“ – doch viele denken beim Stichwort Afrika in erster Linie an Krisen und Konflikte, Armut und Hungersnöte, Bürgerkrieg und gescheiterte Staaten wie Somalia oder die Zentralafrikanische Republik.
Die Wahrheit liegt, wie so oft, in der Mitte. Statt Stereotype ist ein realistischer Blick vonnöten. Vor allem positive Entwicklungen in Afrika werden allzu gerne übersehen.
Afrika – kein Land, sondern ein vielschichtiger Kontinent
Grundsätzlich gilt: Afrika hat mehr Aufmerksamkeit verdient. Denn die so häufig nach Fernost orientierte deutsche Wirtschaft hat die Regionen südlich der Sahara noch nicht richtig für sich entdeckt.
Afrika bietet große Wachstumspotenziale für Unternehmen und Finanzinvestoren. Zugleich ist der Kontinent aufgrund seiner Heterogenität aber komplex: Afrika ist Heimat unterschiedlicher Kulturen, Sprachen und Entwicklungswege. Unter den 54 afrikanischen Nationen finden sich zahlreiche Länder mit florierenden Volkswirtschaften, dynamischen Start-up-Ökosystemen und langer politischer Stabilität. Ja, es gibt „Failed States“, aber eben auch Erfolgsgeschichten wie beispielsweise Kenia, Ghana und Senegal.
Diese Vielschichtigkeit und enormen Unterschiede fordern Unternehmen und Investoren. Doch trotz der Komplexität kann sich ein Engagement in Subsahara-Afrika lohnen.
Afrika bietet im Bereich ESG große Chancen
Gerade im Hinblick auf ESG-Fragestellungen zeigen sich in Afrika wie nirgendwo sonst Chancen – aber auch Risiken. Sie gilt es zu identifizieren und zu steuern. Afrika ist ESG im Brennglas: Der Kontinent ist eine der zentralen Bühnen bei der Bewältigung globaler Transformationen. Opportunitäten und Herausforderungen zeigen sich in allen drei ESG-Dimensionen – Environmental, Social, Governance:
E – Umwelt
Afrika wird wie kein anderer Kontinent unter dem Klimawandel leiden. Desertifikation und Dürren bedrohen die Versorgung afrikanischer Gesellschaften mit ausreichend Nahrung. Der Krieg in der Ukraine, die für viele Länder Afrikas die bedeutendste Lieferquelle von Weizen ist, hat die Situation noch verschärft.
Gleichzeitig hat vor allem Nordafrika das Potenzial, ein wichtiger Lieferant von grünem Wasserstoff zu werden. Für dessen Produktion wird jede Menge erneuerbare Energie benötigt. Sonnenreichen Ländern wie Marokko oder Tunesien könnte so eine wichtige Rolle in der Klimawende zukommen. Denn grüner Wasserstoff wird eine Schlüsselrolle bei der ökologischen Transformation der europäischen Industrie spielen. Der Ukraine-Konflikt hat gezeigt, wie wichtig diese nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus sicherheitspolitischer Sicht ist. Projekte zur Erzeugung von Solarenergie und grünem Wasserstoff in Afrika bergen spannende Kooperationsmöglichkeiten, gerade auch für deutsche Unternehmen mit ihrem umfangreichen Technologie-Know-how.
S – Soziales
Mehr als die Hälfte des weltweiten Bevölkerungswachstums bis 2050 wird sich in Afrika abspielen. Das erhöht einerseits den Druck auf die Nahrungsmittelversorgung und sorgt auch dafür, dass Migration ein Problem bleiben wird. Andererseits sind die jungen Afrikaner:innen auch attraktive Verbraucher:innen sowie potenziell qualifizierte Arbeitskräfte für die Weltwirtschaft.
In Ballungszentren wie Lagos, Nairobi und Accra zeigen sich Potenziale und Schwierigkeiten der voranschreitenden Urbanisierung besonders deutlich. Millionenfache Landflucht fordert die stark wachsenden Metropolen heraus. Sie leiden unter Verkehrschaos, Müll und schlechter Infrastruktur.
Doch die aufstrebenden Mittelschichten in diesen urbanen Zentren verfügen auch über steigende Kaufkraft und nicht selten eine gute Ausbildung. Längst existieren zum Beispiel Pools junger afrikanischer IT-Spezialisten, die amerikanische und europäische Konzerne bei der Software-Entwicklung unterstützen.
Kluge Investitionen deutscher Unternehmen können diese positive Entwicklung nutzen und weiter vorantreiben.
G – Governance
Korruption und schlechte Regierungsführung zählten schon immer zu den größten Hindernissen für eine nachhaltige Entwicklung und ein stabiles Wirtschaftswachstum in afrikanischen Ländern. Für Unternehmen, die ein Engagement in Afrika erwägen, ist Vertrauen in eine funktionierende öffentliche Verwaltung und in Rechtssicherheit ein essenzieller Faktor. Es gilt die existierenden Sweet Spots guter Governance zu identifizieren und Risiken frühzeitig abzuwägen. Hierfür ist Wissen über lokale Gegebenheiten entscheidend.
Rendite mit ESG-Wirkung verbinden
Es wird Zeit, den Blick nach Subsahara-Afrika zu richten – nicht nur aus Vertriebssicht als Absatzmarkt oder als Lieferant von Rohstoffen, sondern auch als Investitionsstandort. Afrika bietet profitable Potenziale für die deutsche Wirtschaft. Richtig umgesetzt, kombinieren sie finanziellen Ertrag mit klarer ESG-Wirkung, und zwar dort, wo diese am meisten gefragt ist.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Auswahl der richtigen afrikanischen Märkte, der geeigneten Geschäfts- und Betriebsmodelle und im Verständnis der lokalen Märkte. Eine intensive Beschäftigung mit den Bedingungen vor Ort maximiert die Erfolgswahrscheinlichkeit nachhaltiger Investitionen in Afrika.
Wir alle wissen: In den vergangenen Jahrzehnten hat die deutsche Wirtschaft massiv vom Aufstieg und enormen Wachstum Chinas profitiert. Was ihr in Fernost gelungen ist, sollte sie in Afrika wiederholen.
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