Familienunternehmen zeichnen sich durch ihre besondere Art des Wirtschaftens aus: Ihre Geschäftsmodelle sind auf Langfristigkeit, Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit ausgerichtet, im Gegensatz zu den oftmals eher kurzfristigen Interessen externer Investoren bei kapitalmarktorientierten Unternehmen. Damit tragen Familienunternehmer:innen wesentlich zum Wohlstand in Deutschland bei. Sie prägen dabei insbesondere ihre Heimatregionen.
Acht von zehn Arbeitsplätzen in Familienunternehmen
Dies zeigt auch die Studie „Benchmark Familienunternehmen 2022“, die das Institut für Mittelstandsforschung in Mannheim in Kooperation mit KPMG erstellt hat. Dafür wurden 253.552 Unternehmen aus den elf Metropolregionen Deutschlands untersucht (Nordwest, Hamburg, Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg, Berlin-Brandenburg, Mitteldeutschland, Rhein-Ruhr, Frankfurt/Rhein-Main, Rhein-Neckar, Stuttgart, Nürnberg und München).
Alle Metropolregionen haben einen sehr hohen Anteil an Familienunternehmen (rund 90 Prozent) und diese stellen etwa 80 Prozent der Arbeitsplätze in den Regionen. Hinsichtlich der Zugehörigkeit zu bestimmten Branchen gibt es ebenfalls nur geringe Unterschiede. Damit liegt allen Metropolregionen im Kern die gleiche Industrie-DNA mit einem starken Mittelstand zugrunde. Zugleich zeigt die Studie, dass die Familienunternehmen in allen Metropolregionen Nichtfamilienunternehmen hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit übertreffen, gemessen am Kapitalumschlag und der Gesamtkapitalrentabilität.
Dazu möchte ich im Folgenden drei wesentliche Punkte anmerken, die noch stärker in den Blick genommen werden sollten.
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Mehr Aufmerksamkeit für Familienunternehmen
In Politik und Medien spielen die oftmals größeren Nichtfamilienunternehmen eine größere Rolle als familiengeführte Firmen und beherrschen (im Gegensatz zu den „Hidden Champions“) häufig die öffentliche Meinung. Dies zeigt sich beispielsweise in der aktuellen Energiekrise, in der das Medienecho eher den großen Konzernen gilt und beispielsweise im Hinblick auf Entlastungen kleine und mittlere (Familien-)Unternehmen zunächst nicht im Blick standen.
Angesichts der in der Studie aufgezeigten besseren Kennzahlen und der Bedeutung für den Arbeitsmarkt sollten Politik und Gesellschaft den Familienunternehmen mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen. Dies würde in Deutschland eine prosperierende Entwicklung befördern und die Metropolregionen weiter stärken. Hier könnte auch der deutsche Mittelstand selbst mit lauterer Stimme sprechen, um mit seinen Themen und Anliegen – zum Beispiel in der Frage der Belastung durch Bürokratie – in Berlin und Brüssel besser durchzudringen.
Aktuell profitieren Familienunternehmen beispielsweise von geringeren Anforderungen hinsichtlich Berichtspflichten, doch dieser Vorteil gegenüber Nichtfamilienunternehmen wird angesichts zunehmender Meldevorgaben geringer.
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Mehr staatliche Unterstützung in der Krise
Die Studie belegt die auf Langfristigkeit (beständiges Wachstum), Sicherheit und Autonomie basierende Strategie der Familienunternehmen: Sie besitzen ihr Anlagevermögen zu großen Teilen selbst. Sie haben seit der weltweiten Finanzkrise 2008/2009 verstärkt liquide Mittel angespart, ihre Liquiditätsquote übertrifft die der Nichtfamilienunternehmen. Auch die stetig steigende Eigenkapitalquote von Familienunternehmen ist ein Indikator dafür, dass diese ihre Unabhängigkeit von externen Geldgebern sichern wollen.
Insgesamt zeigen diese Kennzahlen, dass familiengeführte Unternehmen in den zurückliegenden Jahren robuster geworden sind. Damit sind sie vergleichsweise gut durch die Corona-Jahre gekommen. Ob sie dies nach der noch nicht vollends überstandenen Corona-Krise auch noch erfolgreich durch die aktuelle verschärfte Krise mit hoher Inflation, steigenden Energie- und sonstigen Kosten bringt, ist jedoch fraglich. Die aufgebauten Liquiditätspuffer werden geringer, Finanzpolster schmelzen, insbesondere bei energieintensiven Betrieben.
Gerade die Energiekosten sind ein wesentlicher negativer Faktor im weltweiten Wettbewerb. In Nordamerika etwa sind die Energiepreise um das Achtfache geringer als in Deutschland. Dadurch können in den USA ansässige Konkurrenten zu deutlich niedrigeren Kosten produzieren – für hiesige Unternehmen bestehen somit außerdem Anreize, ihre Fertigung nach Nordamerika zu verlagern. Damit besteht die Gefahr, dass Industrien aus Deutschland abwandern und hier Arbeitsplätze verloren gehen.
Dies sollte die Politik bedenken. In der derzeitigen Krisenlage werden gezielte Maßnahmen durch den Staat sicher notwendig sein, um Familienunternehmen zu stützen und die eben skizzierte Entwicklung zu verhindern.
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Mehr Frauen in Führungspositionen
Unternehmen, die ausschließlich von Frauen geleitet werden, weisen der Studie zufolge eine höhere Rentabilität auf als Unternehmen mit gemischten Führungsteams. Allerdings machen rein von Frauen geführte Familienunternehmen nur einen Anteil von 8,7 Prozent aus. Gemischte Geschäftsleitungen gibt es bei 20 Prozent der Familienunternehmen.
Dies zeigt: Frauen haben es nach wie vor schwer, in die Führungsetagen deutscher Unternehmen zu gelangen – auch wenn empirische Ergebnisse zeigen, dass sie vielfach erfolgreicher sind als ihre männlichen Kollegen. Dies gilt insbesondere für strukturell eher konservative deutsche Familienunternehmen. Sie haben deutlichen Aufholbedarf bei der Berufung von weiblichen Führungskräften.
Studien zeigen, dass viele inhabergeführte Unternehmen zwar einen höheren Frauenanteil in der Führung anstreben, es fehlen jedoch häufig Strategien, mit denen es gelingen kann, tatsächlich auch mehr Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Hier gilt es, Anforderungsprofile und Auswahlprozesse zu überprüfen und anzupassen.
Traditionell galt in vielen Familienunternehmen der (älteste) Sohn automatisch als der „natürliche“ Nachfolger an der Firmenspitze. Hier findet seit einiger Zeit ein Umdenken statt. Kompetenz spielt eine immer größere Rolle und insgesamt werden Führungsebenen in den Unternehmen offener. Familienunternehmer:innen leben unterschiedliche Führungsmodelle, beispielsweise Leitungsteams aus Geschwistern. Mit der Übergabe an die nächste Generation ist zu erwarten, dass das Thema Diversity in Familienunternehmen – auch und gerade in der Führungsetage – an Bedeutung gewinnen wird.