Entscheider:innen in Unternehmen haben mittlerweile die Dringlichkeit der strategischen, operativen und finanziellen Relevanz von Nachhaltigkeit erkannt. Ihr Erfolg wird daran gemessen, wie gut sie Nachhaltigkeitsziele in Ihre Geschäftsstrategien einbinden. Doch sie bewegen sich meiner Meinung nach nicht schnell genug voran, ich spüre immer mehr Gegenwind.
Kosten der ESG-Transformation sorgen für Zurückhaltung bei Unternehmen
Durch die Pariser Klimakonferenz ist zwar viel Enthusiasmus und Engagement für Nachhaltigkeit entstanden. Doch nun, da die Transformation Kosten verursacht, sind viele Entscheidungsträger:innen in einer Phase von Polykrisen zurückhaltender. Ein typischer Verlauf eines Veränderungsprozesses in dieser Größenordnung.
Studie zeigt: Industrie hat Bedeutung erkannt, aber Umsetzung hapert
Industrieunternehmen stehen hierbei vor besonderen Herausforderungen. Unsere kürzlich durchgeführte Studie zur Nachhaltigkeit von Betriebsabläufen in Zusammenarbeit mit Lünendonk unterstreicht diese Tatsache.
Die Studie offenbart, dass zwar etwa 80 Prozent der Industrieunternehmen Nachhaltigkeit in ihrer Unternehmensstrategie verankert haben, aber nur etwa 30 Prozent der geplanten Maßnahmen tatsächlich umgesetzt worden sind.
Hier liegt eine große Hürde in der Realisierung. Trotz vorgesehener Budgets für entsprechende Maßnahmen wird die Umsetzung durch finanzielle Kosten und Auswirkungen auf bestehende Geschäftsmodelle erschwert.
Die fünf Phasen der ESG-Transformation
Dieses Spannungsfeld verdeutlicht den aktuellen Stand der Dinge: Es gibt große Ambitionen, jedoch ist noch ein beträchtlicher Weg zu gehen, um diese Ambitionen in die Tat umzusetzen. Was ist erforderlich, um diesen Prozess wirklich in Gang zu bringen? Ich empfehle folgende fünf Phasen.
Erste Phase: Reflexion über die doppelte Wesentlichkeit
Die erste Phase beinhaltet die Reflexion über die doppelte Wesentlichkeit. Hierbei geht es darum, dass Unternehmen die die finanziellen ESG-Auswirkungen auf ihr eigenes Unternehmen identifizieren und bewerten (z.B. durch Klimarisiken), sowie auch die langfristigen Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf Umwelt, Soziales und Governance berücksichtigen.
Im Fokus steht nicht nur, CO2 zu reduzieren; es geht um Biodiversität, Emissionen und Wassererhaltung. Dies kann bedeuten, dass Unternehmen ihre Geschäftsstrategien, Entscheidungsprozesse und Berichterstattungsmethoden anpassen müssen, um sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Aspekte gleichermaßen zu berücksichtigen.
Phase 2: Ambitionen mit Strategie und finanziellen Strukturen verknüpfen
Der zweite Schritt besteht darin, diese Ambitionen mit der Unternehmensstrategie und den finanziellen Strukturen dahinter zu verknüpfen.
Die Einhaltung von Kriterien für die Corporate Social Responsibility bei der Berichterstattung (z.B. der CSRD) ist wichtig, um die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Maßnahmen zu gewährleisten. Eine präzise und umfassende Meldung über die ESG-Initiativen und -Fortschritte des Unternehmens ist entscheidend, um das Vertrauen der Stakeholder zu stärken und die Reputation des Unternehmens zu verbessern.
Phase 3: ESG-Ziele in der DNA des Unternehmens verankern
Das führt zur dritten Stufe, zur Transformation des Unternehmens selbst. Diese Stufe ist ein komplexer und entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie. Diese Transformation erfordert nicht nur eine oberflächliche Anpassung, sondern eine tiefgreifende Veränderung, die das Unternehmen in seiner Gesamtheit betrifft.
Um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, ist diese Vision in die DNA des Unternehmens einzubetten. Für jede Abteilung und jede Organisationseinheit gilt es, die Nachhaltigkeitsziele zu verstehen und zu akzeptieren.
Phase 4: Integration der ESG-Ziele in die Unternehmensprozesse
Im nächsten Schritt geht es darum, die Nachhaltigkeitsziele in die täglichen Prozesse zu integrieren. Denn die erfolgreiche Umsetzung der ESG-Transformation erfordert nicht nur eine klare Vision und strategische Ausrichtung, sondern auch eine grundlegende Anpassung der internen Prozesse, Strukturen und Systeme eines Unternehmens bis hin zu rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen.
Phase 5: Technologie als Enabler der Transformation
Beim Überblick über die aktuellen Reporting-Anforderungen für Unternehmen zeigt sich, dass der zusätzliche Arbeitsaufwand im Vergleich zur herkömmlichen finanziellen Berichterstattung um etwa 20 bis 40 Prozent steigt.
Dies unterstreicht die Rolle der Technologie in der fünften Phase, um Daten robust, zuverlässig und letztendlich prüfbar zu machen und die Arbeitsbelastung an dieser Stelle effizient zu verringern.
Fazit
Ein pragmatischer Start und die Auseinandersetzung mit den oben genannten Phasen sind unerlässlich, denn ESG ist gekommen, um zu bleiben. Es handelt sich um ein Thema, das aus der Wissenschaft kommt, exponentiell wächst und erheblichen Einfluss auf die Geschäftsmodelle von Unternehmen aller Branchen hat.
ESG-Transformation als wichtiges Thema beim ZEIT für Klima-Event
Was das ESG-Konzept in der Praxis bedeutet, habe ich mit Uwe Jean Heuser, Ressortleiter Green bei der ZEIT, beim ZEIT für Klima-Event in Frankfurt am 21. November 2023 diskutiert. Jetzt anschauen und in den dazugehörigen Podcast reinhören.