Aufnahme aus Vogelperspektive zeigt LKW, die zum Be- oder Entladen in einer Halle vorfahren.

Lieferkettengesetz: So gelingt die Umsetzung

Januar 2023 treten die Regelungen in Kraft – vier Schritte sollten beachtet werden.

Steigende regulatorische Anforderungen zwingen Unternehmen, ein verantwortungsbewusstes Lieferkettenmanagement umzusetzen. In den vergangenen Jahren wurde in der EU bereits eine Vielzahl unterschiedlicher Gesetze im Bereich Nachhaltigkeit entwickelt. So fordern zum Beispiel der European Green Deal, die Corporate Sustainability Reporting Directive und die EU-Taxonomie nachhaltigeres Handeln.

Sorgfaltspflichten für die Lieferketten

Nun kommt eines der bedeutendsten Gesetze mit weitreichenden Auswirkungen für Unternehmen dazu: das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Es tritt zum 1. Januar 2023 für Unternehmen ab 3.000 Arbeitnehmern und zum 01. Januar 2024 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern in Kraft.

Das Lieferkettengesetz fordert deutsche Unternehmen aller Branchen auf, verschiedene Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung in der Lieferkette umzusetzen. So müssen beispielsweise Risikoanalysen zur Identifikation von Risiken sowie Präventions- und Abhilfemaßnahmen zur Verhinderung, Beendigung oder Minimierung von Rechtsverletzungen eingeführt werden. Die Auswirkungen auf die Prozesse der deutschen Unternehmen sind dabei tiefgreifend.

Diese vier Schritte sollten Unternehmen jetzt beachten

  1. Analyse des Status quo

Unsere Projekterfahrung zeigt, dass es sich bewährt hat, zunächst den unternehmensspezifischen Status quo in Bezug auf die Anforderungen des LkSG zu ermittelten. Dazu zählt zum einen, den Umfang und den Bereich der rechtlichen Anwendbarkeit des Gesetzes auf den unterschiedlichen Konzernebenen zu bestimmen, und zum anderen, die Prozesse und Maßnahmen eines Unternehmens hinsichtlich der Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu analysieren. Dies gibt Aufschluss darüber, inwiefern bestehende Prozesse und Maßnahmen das Gesetz bereits erfüllen und in welchem Ausmaß noch Anpassungen vorgenommen werden müssen.

Dabei sollten unterschiedlichste Bereiche von beispielsweise Risikomanagement, Supply Chain, HR, Stakeholder Management bis hin zu Informations- und Datenhaltung betrachtet werden. Ein Überblick über die Beschaffungsprozesse und IT-Systeme sowie eine Vielzahl weiterer Aspekte wie Zieldefinitionen, Richtlinien und Risikobewertung hinsichtlich Menschenrechte und Umweltrisiken geben Aufschluss über den aktuellen Stand.

  1. Konzeption der Sorgfaltspflichten

Ausgehend von der Bestandsaufnahme geht es im nächsten Schritt darum, eine Risikomanagement-Methodik einzurichten und Risikoanalysen, vorbeugende Maßnahmen, Abhilfemaßnahmen und Beschwerdeverfahren zu entwickeln. Der Umfang hängt dabei von der Frage ab, ob das Unternehmen nur die Mindestanforderungen erfüllen oder ein Pionier sein möchte. Zudem hat sich in diversen Projekten gezeigt, dass sowohl die Festlegung von Verantwortlichkeiten, die Integration von Schulungen, die Einführung neuer oder Nutzung bestehender Technologien und die Einführung neuer oder Änderung bestehender Prozesse die Konzepterstellung beeinflussen. Aufbauend darauf sollte eine Grundsatzerklärung inklusive der Prozessbeschreibung erfolgen. Eine Beschreibung der menschen- und umweltbezogenen Risken sowie die Prozesse zur Vermeidung dieser Risiken sollten in Form einer Menschrechtsstrategie in einer Grundsatzerklärung festgehalten werden. Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten wird darüber hinaus durch eine Dokumentations- und Berichtspflicht sichergestellt.

  1. Implementierung in die Aufbau- und Ablauforganisation

Um die Maßnahmen zur Erfüllung des LkSG in die Aufbau- und Ablauforganisation zu implementieren, müssen bei vielen Unternehmen beispielsweise das Compliance-Management-System adaptiert sowie interne und externe Sorgfaltspflichtenschulungen eingeführt werden. Darüber hinaus sind die abteilungsspezifischen Risikoanalysen, die Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie die Dokumentations- und Meldepflichten zu koordinieren. Dazu sollten regelmäßig Wirksamkeitskontrollen zur Einhaltung des Gesetzes durchgeführt werden.

  1. Weitere geplante Regelungen im Auge behalten

Während bereits das deutsche Lieferkettengesetz mit seinen Anforderungen eine Herausforderung für viele Unternehmen darstellt, wird die geplante EU-Lieferketten-Richtlinie voraussichtlich strengere Vorgaben beinhalten. Die EU-Direktive ist eine Verschärfung des aktuellen Lieferkettengesetzes (es werden mehr Unternehmen zur Verantwortung gezogen und die Kontrollpflichten weiter ausgeweitet). Der Zeitpunkt ist der Einführung ist noch ungewiss. Aber es steht jetzt schon fest, dass eine deutlich größere Anzahl an Unternehmen zur Wahrung der Sorgfaltspflichten zu verpflichten und die Kontrollpflichten auf die gesamte Lieferkette auszuweiten. Außerdem werden strengere Haftungspflichten eingeführt. Daher besteht ein hoher zeitnaher Handlungsbedarf für Unternehmen. Es ist ratsam, die Entwicklung der EU-Richtlinie bei der Prozessgestaltung nach Möglichkeit bereits zu berücksichtigen.

Dr.-Ing. Sylvia Trage

 

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