Gemischte Teams treffen langfristig innovativere und profitablere Entscheidungen. Das belegen seriöse Studien. Gemischt heißt: Die Teams bestehen aus unterschiedlichen Mitgliedern – unterschiedlich in Bezug auf Alter und Geschlecht, Erfahrungen und Perspektiven, Fähigkeiten und kulturelle Hintergründe.
Besser nicht automatisch denken
Alles, was Unternehmen tun müssen, ist, gemischte Teams zusammenzustellen. Und hier wird es kompliziert. Denn intuitiv entscheiden Menschen sich für das Altbekannte, stellen also homogene Teams zusammen.
Das hat etwas mit automatischem Denken zu tun, mit Vorurteilen, mit unbewussten Denkmustern – ausführlich können Sie die Gründe in den Texten und Studien von Nobelpreisträger Daniel Kahneman nachlesen. Wie Sie Ihr automatisches Denken überwinden können, fand Richard Thaler heraus – der für diese Erkenntnis ebenfalls mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Seine Theorie nennt er „Nudging“.
Was ist ein Nudge?
Nudges sind sanfte Denkanstöße, die das Gehirn dabei unterstützen, objektiver zu entscheiden. So bewirken sie Verhaltensänderungen – ganz ohne Ver- oder Gebote.
1. Beispiel: Opt-in/Opt-out
In Österreich sind knapp 90 Prozent der Bevölkerung potentielle Organspender*innen. In Deutschland sind es weniger als 30 Prozent, obwohl laut Umfragen die große Mehrheit der Bevölkerung Organspenden befürwortet. Grund ist der Prozess: Österreich registriert automatisch alle Erwachsenen als potentielle Spender*innen. Wer nicht spenden will, kann der Entnahme widersprechen (Opt-out). In Deutschland ist es umgekehrt. Hier muss die Spendenbereitschaft explizit beantragt werden (Opt-in).
Das Ändern von Auswahlmöglichkeiten – so leicht geht Nudging. Im Diversity-Management kann der Opt-in/Opt-out-Nudge zum Beispiel in der Beförderungspraxis genutzt werden. Üblicherweise reichen die Abteilungen die Namen der zu befördernden Personen ein. Dabei sind Minderheiten häufig unterrepräsentiert (Opt-in). Bittet man hingegen die Geschäftsbereiche, die Namen derjenigen abzugeben, die nicht befördert werden sollen (Opt-out), müssen Entscheidungsträger*innen reflektieren, wen sie warum nicht befördern. Aus dieser Perspektive übersehen sie Frauen und Minderheiten im Beförderungsprozess nicht mehr.
2. Beispiel: nicht-stereotype Bildsprache
Bilder schaffen Wirklichkeit. Die Bildsprache von Unternehmen reproduziert oft ungewollt Stereotype und verleiht so ein konservatives Firmenimage. Eine aktuelle Studie zeigt, dass progressive Werbung um 25 Prozent effektiver ist als jene, die mit stereotypen Bildern wirbt. Mit einer offeneren Bildsprache erhöhen Unternehmen ihre Chance im Wettbewerb und machen sich für Kund*innen attraktiv.
Das Ändern von Bildern – so leicht geht Nudging. Google, Unilever, Facebook und Microsoft zeigen alternative Bilder von Männlichkeit und Weiblichkeit, hinterfragen so konservative Vorstellungen und zeigen Akzeptanz für neue Möglichkeiten.
3. Beispiel: „Blind Recruiting“
Der erste Eindruck zählt. Wissenschaftler*innen der Universitäten Harvard und Princeton fanden heraus, dass die Chancen von Musikerinnen auf eine Orchesterstelle sich signifikant verbessern, wenn sie hinter einem Vorhang vorspielen. Konzerthäuser mit „Blind Auditions“ stellen wesentlich gemischtere Orchester ein – mit der Folge, dass die Qualität steigt, weil ausschließlich die musikalischen Fähigkeiten entscheiden.
Das Aufhängen eines Vorhangs – so leicht geht Nudging. Auch im Recruiting großer Unternehmen lassen sich Personalentscheider*innen häufig von Äußerlichkeiten ablenken. Ein ausländisch klingender Nachname, das Geschlecht oder das Alter auf einer Bewerbung verringern die Chance auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Die Anonymisierung von Bewerbungen – oder sogar Blind Auditions hinter Vorhängen – häufen sich deshalb auch in großen Unternehmen. Die Ökonomin Iris Bohnet sagt: „Bewerbungsgespräche, wie wir sie derzeit kennen, wird es in zehn Jahren nicht mehr geben.“
Was bringen Nudges?
Ziel jedes Unternehmens ist es, an jeder Stelle die richtige Entscheidung zu treffen. Nudges führen zu gerechteren und besseren Entscheidungen. Sie unterstützen Menschen dabei, sich so zu verhalten, wie sie es nach reiflicher Überlegung tun würden.
Entdecken Sie Ihre eigenen Vorurteile im Video: