Trump gegen Harris, Kampf ums Weiße Haus, US-Präsidentschaft, Wahl in den USA: Zu sehen sind mehrere USA-Flaggen sowie das Kapitol

US-Wahl: Was Donald Trump in einer zweiten Amtszeit plant

Wir analysieren Folgen von „America first 2.0“ für die deutsche Wirtschaft.

Allen Skandalen und Gerichtsverfahren zum Trotz: Donald Trump könnte erneut ins Weiße Haus einziehen. Nach aktuellen Umfragen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Kamala Harris ab, die nach dem Wahlkampf-Rückzug von US-Präsident Joe Biden im November für die Demokraten antreten wird. Harris hat laut Demoskopen im Sommer in den umkämpften „Swing States“, also in den für die Wahl entscheidenden und stets wechselhaften Bundesstaaten, in der Wählergunst in kürzester Zeit zu Trump aufgeschlossen. Die Demokraten sind optimistisch, aber In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass Trump niemals unterschätzt werden sollte.

Hoffen auf den „Best Case“, vorbereiten für den „Worst Case“

Angesichts dieser Ausgangslage ist es essenziell, dass die deutsche Wirtschaft und Politik auf eine potenzielle zweite Trump-Amtszeit vorbereitet ist. Dazu zählt nicht nur der Auf- und Ausbau von Kontakten zu republikanischen Politikern, Beratern und Diplomaten. Es geht um einen ganzheitlichen eigenen Ansatz. Dieser umfasst das Vorantreiben der EU-Integration, das Stärken eigener militärischer Verteidigungsfähigkeiten und die Steigerung der ökonomischen Resilienz. Denn Trumps Credo ist und bleibt „America first“: Das nationale Interesse – beziehungsweise das, was Trump für nationales Interesse hält – ist die Basis allen politischen Handelns. Er sieht sich als „Deal Maker“, nicht als wertebasierter Vordenker. Dabei stimmt er sich erfahrungsgemäß ungern mit weiteren Parteien ab, sondern versucht „Deals“ bilateral im direkten Kontakt abzuschließen. Und das hat Konsequenzen für die (bisherigen) Bündnispartner der USA.

Ziemlich sicher ist: Trump würde – wie in seiner ersten Amtszeit – auf Distanz zu EU und NATO gehen. Seinen Wahlkampfreden zufolge droht womöglich sogar eine Abwendung von beiden internationalen Staatengemeinschaften. Er attackierte jüngst nicht nur in bekannt ruppiger Manier China und Mexiko, sondern auch Frankreich und Deutschland. Europas Relevanz wird im Weißen Haus daher aller Voraussicht nach sinken, denn Trumps Agenda fußt im Gegensatz zur Agenda der Biden-Administration – und der möglichen Harris-Administration –  deutlich weniger auf gemeinsamer transatlantisch verbindender Haltung und Historie.

Was bedeutet Trump 2.0 für Unternehmen, die im deutsch-amerikanischen Wirtschaftskorridor tätig sind? Wir legen aktuelle Entwicklungen an beiden Standorten dar und zeigen mögliche künftige Konfliktzonen auf.

Das prägt die aktuelle Lage deutscher Geschäftsaktivitäten in den USA

Der Inflation Reduction Act (IRA), ein umfangreiches Bundesgesetz und Maßnahmenpaket der Biden-Administration zur Förderung klimafreundlicher Technologien in der US-Wirtschaft, war ausschlaggebend für den starken Anstieg deutscher Direktinvestitionen in den USA im Jahr 2023. 15,7 Milliarden Dollar investierten deutsche Unternehmen 2023 neu. 2022 waren es lediglich 8,2 Milliarden Dollar. Das geht aus Daten des Finanzdienstleisters fDi Markets hervor, eine Financial-Times-Tochter.

Die Zuversicht für die künftige Geschäftstätigkeit deutscher Unternehmen in den USA war bis zuletzt groß. Studien belegen, dass sich ein „Strategic shift“ in der deutschen Wirtschaft fortsetzt: Der Standort USA gewinnt auf Kosten des Standorts China an Bedeutung, von dem sich die deutsche Wirtschaft zunehmend entkoppelt. Im ersten Quartal 2024 haben die USA China als größten Handelspartner Deutschlands verdrängt (s. Grafik unten). Ursächlich dafür sind aber auch steigende Gasimporte aus den USA.

Es gilt als sicher, dass der IRA bei einer Wiederwahl Trumps keinen Bestand haben wird. Er wird voraussichtlich abgeschafft oder sogar im ungünstigsten Fall für die bereits investierten deutschen Unternehmen rückabgewickelt. Zugesagte und fest eingeplante Förderungen entfallen dann. Trump setzt stattdessen auf eine breitgefächerte Renaissance fossiler Energieträger, von Kohle über Erdgas und Liquefied Natural Gas (LNG) bis zu Öl. Das hätte dramatische Folgen für Umwelt und Klima.

Das prägt die aktuelle Lage amerikanischer Geschäftsaktivitäten in Deutschland

Deutschland ist derzeit in der Breite kein priorisierter Investitionsstandort für US-Konzerne. Dies belegte auch unsere jüngste Umfrage unter 100 in Deutschland aktiven großen US-Konzernen. Bei strategischen Entscheidungen im Deutschlandgeschäft geht es für amerikanische Unternehmen derzeit meist um De-Investitionen oder Restrukturierungen, etwa das Verschlanken der Strukturen oder das Verringern der Anzahl rechtlicher Einheiten.

Gleichzeitig kommt es aber zu „Greenfield“-Investitionen – also Neuinvestitionen in Produktionsstandorte „auf der grünen Wiese“ – US-amerikanischer Konzerne in Deutschland in Milliardenhöhe. Was auf den ersten Blick angesichts des rückläufigen Interesses am Standort widersprüchlich scheint, erklärt sich bei genauerer Analyse: Die Greenfield-Investitionen werden in Branchen und Geschäftsfeldern getätigt, in denen tiefgreifende Transformationsprozesse stattfinden und die somit Treiber für überdurchschnittliches und zugleich profitables Wachstum aufweisen. Hierunter fallen beispielsweise Investitionen in die Pharmaindustrie mit dem Fokus auf Megatrends wie Alterung der Gesellschaft und Adipositas sowie Investitionen in Datencenter, die in Zeiten bahnbrechender Fortschritte bei künstlicher Intelligenz für die Prozessverarbeitung notwendig sind.

Grundsätzlich wird erwartet, dass US-Konzerne nach der Wahl Trumps im großen Stil im eigenen Land investieren werden, insbesondere in die Förderung fossiler Energieträger. Dafür wird in den USA derzeit viel Kapital geparkt.

Kompakter Überblick: Was Trumps Agenda für eine zweite Amtszeit prägt

  • Trump plädiert für neue massive Zölle auf Importe aus China, aber auch aus Europa. Ein Grund dafür sind die weiterhin bestehenden hohen Handelsbilanzdefizite für importierte Güter der USA aus China und Europa (s. Grafik unten). Neue Zölle könnten laut Analysteneinschätzungen für Deutschland zu (weiteren) Wirtschaftsrückgängen von 1 bis rund 1,5 Prozent führen. Diese potenziellen Rückgänge sind in Wirtschaftsprognosen der Bundesregierung bislang nicht eingepreist.

  • Der russische Angriffskrieg wird von Trump häufig thematisiert. Es besteht die Möglichkeit, dass die USA die finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine unter Trump drosseln oder ganz einstellen. Die Folge dieser einschneidenden Entscheidung wäre, dass die Sicherheitslage in Europa deutlich angespannter wird. Die EU stünde vor der Frage, inwieweit sie die große Lücke, die die USA hinterlassen, schließen kann und will. Dies wird besonders Deutschland unter Druck setzen, das nach den USA der größte Geldgeber der Ukraine ist:

  • Trump geriert sich im Wahlkampf als Hardliner beim Thema Migration. Er will die seiner Ansicht nach ungezügelte Einwanderung, größtenteils aus Lateinamerika, stoppen und kündigt massenhafte Rückführungen („Mass deportations“) illegaler Einwanderer an. Die rigide Einwanderungspolitik würde bedeuten, dass der Arbeitskräftemangel in den USA zunimmt. Die Verschärfung am Arbeitsmarkt käme wiederum zu einem Zeitpunkt, an dem Unternehmen – darunter viele deutsche – die Verfügbarkeit von qualifizierten Beschäftigten bereits als größte Herausforderung erachten.
  • Die Körperschaftsteuersätze sind in den USA im internationalen Vergleich bereits auf einem sehr niedrigen Niveau. Trump erwägt, sie noch weiter auf 15 Prozent zu senken und hat bereits weitere Steuersenkungspakete (Tax incentives) in Aussicht gestellt.

Trump unberechenbar – das macht Flexibilität und Agilität für Unternehmen unerlässlich

Anders als die große Mehrzahl von Staatenlenkerinnen und Staatenlenkern betont Trump nicht, dass er verlässlich ist. Im Gegenteil: Immer wieder klingt bei seinen Reden durch, dass er sich bestehenden Koalitionen und Vereinbarungen nicht verpflichtet fühlt. Er gilt als unberechenbar, weswegen etliche Beobachter im Hinblick auf eine zweite Amtszeit „expect the unexpected“ raten: „Erwarten Sie Unvorhersehbares.”

Dabei sollte auch bedacht werden, dass Trumps zweite auch seine finale Amtszeit sein würde. Es würde keine erneute Wiederwahl geben können. Auf Umfrageergebnisse wird Trump daher keine Rücksicht mehr nehmen müssen. Er betont bereits, dass er auf eine zweite Amtszeit perfekt vorbereitet ist und mit der Umsetzung seiner Vorhaben direkt starten könne. Die mögliche Folge: Er wird mit weniger Vorlauf (noch) radikaler.

All das macht zwar Prognosen möglich, aber Planungssicherheit bezüglich ökonomischer und politischer Eckpfeiler gibt es nicht. Umso wichtiger ist es, flexibel und agil zu bleiben, um strategisch und operationell nachschärfen und gegebenenfalls sogar komplett umsteuern zu können.


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