Die Elektromobilität ist zweifelsohne ein zentraler Baustein auf dem Weg zu einer klimaneutralen Mobilität. Doch der Hochlauf batterieelektrischer Fahrzeuge (BEVs) droht aktuell hinter den ambitionierten Zielvorgaben zurückzubleiben. Unser Whitepaper „Transformation zur nachhaltigen Mobilität“ zeigt, dass der Anteil elektrifizierter Fahrzeuge im europäischen Pkw-Bestand bis 2050 bei lediglich 56 Prozent liegen wird – trotz steigender Neuzulassungen und eines politisch angestrebten Verbrennerverbots ab 2035. Der Wunsch nach schnellen Lösungen trifft auf die Realität: Ladeinfrastruktur, Stromnetzausbau und Energieerzeugung hinken hinterher.
Einseitige Fokussierung birgt Risiken
Die Branche steht vor einem Dilemma. Einerseits setzen viele Hersteller voll auf Elektromobilität. Andererseits zeigt sich weltweit, dass der Verbrennungsmotor – teils aus wirtschaftlichen, teils aus infrastrukturellen Gründen – noch lange eine tragende Rolle spielen wird. Global werden nach wie vor rund zwei Drittel der Neufahrzeuge mit klassischen Antrieben verkauft. In Ländern ohne leistungsfähiges Stromnetz oder flächendeckende Ladeinfrastruktur bleibt E-Mobilität ein ferner Anspruch. Dabei ist klar: Die Klimaziele lassen sich nur erreichen, wenn alle verfügbaren Hebel genutzt werden – nicht nur der elektrische.
Technologieoffenheit schafft Spielraum
Ein technologieoffener Ansatz bietet die nötige Flexibilität, um den Umbau des Verkehrssektors ganzheitlich zu gestalten. Neben BEVs braucht es dringend regulatorische Rahmenbedingungen für CO₂-neutrale Kraftstoffe wie Hydrotreated Vegetable Oil (HVO), e-Fuels – also sogenannte synthetische Kraftstoffe (erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs, kurz: RFNBOs) oder grünen Wasserstoff. Diese können nicht nur bestehende Fahrzeugflotten defossilisieren, sondern auch dort wirksam werden, wo eine Elektrifizierung derzeit nicht praktikabel ist – etwa im ländlichen Raum oder in globalen Exportmärkten.
Nachhaltige Mobilität kann nicht allein durch den Wechsel auf elektrische Antriebe erreicht werden Alternative, klimafreundliche Kraftstoffe sind essenziell, um unsere Klimaziele zu erreichen.
Infrastruktur als Flaschenhals
Unser Whitepaper macht deutlich: Um die Nachfrage an BEVs bis 2050 zu decken, bräuchte es täglich (365 Tage im Jahr) über 1.000 neue Ladesäulen in Europa – bevorzugt Schnellladestationen (HPC). Der Strombedarf der E-Fahrzeuge würde mit rund 441 Terrawattstunden dem heutigen Endenergieverbrauch Frankreichs entsprechen. Hinzu kommen der massive Netzausbau – bis 2050 rund acht Millionen Kilometer zusätzliche Leitungen – und der Zubau regenerativer Stromerzeugungskapazitäten. Der Infrastrukturausbau wird den steigenden Bedarfen nicht gerecht. Gezielte Investitionen und regulatorische Weitsicht ist notwendig, um die Mobilitätswende nicht zu gefährden.
Industriepotenziale und globale Verantwortung
Deutschland und Europa sind in vielen Bereichen der Herstellung alternativer Kraftstoffe technologisch führend. Eine technologieoffene Strategie stärkt nicht nur die Innovationskraft, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit europäischer OEMs. Länder wie Norwegen zeigen, wie der Wandel zur E-Mobilität gelingen kann – jedoch unter Voraussetzungen, die nicht überall replizierbar sind.
Fazit: Keine Zukunft ohne Vielfalt
Der Weg zur klimaneutralen Mobilität ist komplex – und er verlangt mehr als nur rein elektrische Lösungen. Technologieoffenheit bedeutet nicht, den Wandel zu verzögern, sondern ihn realistisch, effizient und kundenorientiert zu gestalten. Nur so kann der Sektor ihrer Verantwortung gerecht werden – für das Klima, für die Wirtschaft und für eine nachhaltige Mobilität der Zukunft.