Lean-Change-Management muss so weit wie möglich auf Hierarchien verzichten. Stattdessen muss das schlanke Change-Management jedem Teammitglied Entscheidungskompetenzen einräumen, um schnelle Erfolge zu erzielen. Doch die Entwicklung einer partizipativen Organisationsstruktur gefällt nicht jedem. Die alte Riege fürchtet um die eigene Macht.
Veränderung ist zum Bestandteil eines jeden Unternehmensalltags geworden und stellt viele Aspekte der täglichen Arbeit radikal in Frage. Methoden und Werkzeuge des Change-Managements können dabei helfen, Veränderungen strukturiert und effektiv zu gestalten. Wenn sich aber alles wandelt, sollte auch das Change-Management selbst hinterfragt und möglicherweise sogar verändert werden, um den Anforderungen der heutigen Zeit gerecht zu werden.
Dass herkömmliche Change-Management-Ansätze nicht mehr zeitgemäß sind, wird spätestens dann klar, wenn sich die Beteiligten agiler Planungsmethoden bedienen. Denn hier ist ein klar definiertes Projektziel, ein linearer Ablauf mit definiertem Start und festgelegtem Ende gar nicht vorgesehen. In einer Welt, die durch Volatilität, Unsicherheit, Chaos und Ambiguität (VUCA) geprägt wird, ist langfristige Planung generell kaum noch möglich. Deshalb sollten Unternehmen an Veränderungen ganz anders herangehen als bisher.
Change-Management wirkt über die Mitte
Dabei geht es vor allem um die Art und Weise, wie Ergebnisse und Entscheidungen zustande kommen. Das viel zitierte Scrum-Konzept, das genutzt wird, um Projekte zu planen und umzusetzen, sieht unter anderem vor, auf Hierarchien so weit wie möglich zu verzichten und stattdessen jedem Teammitglied Entscheidungskompetenz einzuräumen.
Diesem Aspekt sollte jedes zukünftige Change-Management gerecht werden. Denn wenn Vorgaben von oben an Bedeutung verlieren, dann verändern sich nicht nur die Entscheidungsprozesse nachhaltig, sondern es entsteht ein gänzlich neues Selbstverständnis der gesamten Organisation. Auch Veränderung läuft völlig anders ab, wenn sie nicht mehr hierarchisch von der Spitze bis auf die unterste Ebene ausgerollt, sondern aus der Mitte des Unternehmens geboren wird.
Einige Manager der alten Schule schlagen beim Gedanken an den damit verbundenen Kontrollverlust vermutlich die Hände über dem Kopf zusammen, weil sie in einer partizipativen Organisationsstruktur um die eigene Macht fürchten.
Vom Beteiligten zum Verantwortlichen
Diese Angst ist insofern nicht ganz unbegründet, als im Change-Management der Zukunft Macht tatsächlich neu verteilt wird. In Systemen, in denen es keine hierarchischen Strukturen mehr gibt, sind auch nicht mehr alle Führungskräfte in jede Entscheidung eingebunden. Teams entscheiden eigenständig über die nächsten Schritte und das weitere Vorgehen innerhalb des Prozesses. Das bedeutet, dass die Führungskraft auf Macht verzichtet und das Team gleichzeitig mehr Macht und Entscheidungsspielräume zugesprochen bekommt. Während eine zentrale Forderung des Change-Managements bisher lautete, Betroffene zu Beteiligten zu machen, werden die Betroffenen jetzt sogar zu Verantwortlichen.
Wer Mitarbeitern Entscheidungsbefugnisse und Verantwortlichkeiten überträgt, sollte sie natürlich auch dazu befähigen, diese auszufüllen. In einer VUCA-Welt, in der Wandel und Veränderung auch zukünftig eher zu- als abnimmt, wird die Fähigkeit, sich schnell an neue Rahmenbedingungen anzupassen, lebenswichtig. Wie sagte schon Charles Darwin: „Es ist nicht die stärkste Art, die überlebt, noch die intelligenteste. Es ist diejenige, die sich am besten an Veränderungen anpassen kann.“
Im Change-Management zählt die richtige Einstellung
In einer Organisation sollte jeder Einzelne die Fähigkeit entwickeln, sich wirklich auf Veränderungen einzulassen. Und bei dieser Fähigkeit geht es weniger um den Erwerb von faktischem Wissen über Wandlungsvorgänge, sondern es geht um die Einstellung, mit der wir Veränderungen begegnen. Nur ein Mindset, das von Agilität, Verantwortungsbewusstsein, Eigeninitiative, aber auch von Kreativität und Offenheit gegenüber Neuem geprägt ist, wird uns fit machen für jene Herausforderungen, die vor uns liegen.
Mit Blick auf das Beschriebene stellt sich natürlich die Frage, ob all das, was wir jahrelang als Change-Management betrachtetet haben inklusive aller dazugehörigen Theorien, Konzepte und Werkzeuge nicht weitgehend obsolet ist. Die Antwort lautet: Nein, ist es nicht. Denn Veränderungen brauchen Zeit, sie gelingen nur Schritt für Schritt. Das gilt auch und erst recht für den Wandel des Wandels. Und es gilt für die Objekte des Chance Managements, also für Organisationen aller Art. Panta rhei – alles ist im Fluss.