Greenwashing Seifenlauge in Grün

Greenwashing - geschicktes Marketing oder Betrug?

Was Unternehmen droht, die sich zu Unrecht als „grün“ vermarkten.

Nachhaltigkeitskriterien wie eine klimaneutrale Produktion, eine gute Abbaubarkeit eines Produktes und ein hoher Anteil an wiederverwertbaren Materialen sind für Verbraucher:innen immer häufiger Auslöser bei Kaufentscheidungen. Auch auf Informationen zu fairen Arbeitsbedingungen und der Achtung von Menschenrechten wird zunehmend Wert gelegt, wenn Kund:innen Produkte auswählen.

Investor:innen nutzen ebenfalls Angaben zu umweltbezogenen, sozialen und menschenrechtlichen Aspekten, um Risiken und Wachstumschancen im Geschäftsumfeld eines Unternehmens zu bewerten. Bei einer derartigen Relevanz und Omnipräsenz verwundert es nicht, dass dem Thema Nachhaltigkeit ein enormes wirtschaftliches Potenzial zugestanden wird, das auch für Werbung und Marketing genutzt werden soll.

Grüner Anstrich für ein gutes Kaufgefühl

Immer häufiger werden Produkte daher in Werbetexten auf Verpackungen oder Posts in den sozialen Medien als „nachhaltig“ beworben. Die Angaben zur klimaneutralen Herstellung unter fairen Arbeitsbedingungen, der Abbaubarkeit eines Produkts oder dem Anteil an wiederverwertbaren Materialien sollen ein gutes Kaufgefühl vermitteln. Sie sind jedoch häufig nicht durch Dritte überprüfbar oder halten dieser Überprüfung nicht stand.

Mit diesen Angaben, die augenscheinlich Verbraucher:innen informieren, dass gesetzliche Vorgaben (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz; EU-Lieferkettenrichtlinie) zur Achtung der Menschenrechte und der Umwelt umgesetzt werden, geht ein hohes Betrugspotenzial einher.

Greenwashing als Fraud-Muster

Das wird durch eine EU-weite Analyse nationaler Verbraucherschutzbehörden bestätigt. Demnach haben 42 Prozent der untersuchten Unternehmen bei den Angaben auf ihren Produktseiten „Greenwashing“ betrieben. Das heißt, die berichteten Nachhaltigkeitsmaßnahmen waren „übertrieben, falsch oder irreführend“. Die Unternehmen erwirkten den Anschein, mehr für die Umwelt und das Gemeinwohl zu tun, als dies in Wirklichkeit der Fall war.

Insofern verwundert es nicht, dass auch die Ermittlungen gegen Unternehmen zunehmen, die  irreführende oder gar falsche Angaben zur Nachhaltigkeit ihrer Produkte gemacht haben. Im November 2021 wurde der Vorwurf von Greenwashing bei einem Hersteller von Mikrofaserprodukten bestätigt. Die Meldung erfolgte durch einen Wettbewerber. Der Hersteller hatte unkonkrete, nicht überprüfbare Angaben zu einer vorgeblich nachhaltigen Produktion seiner Materialien publiziert. Die wettbewerbsrechtlichen Sanktionen beinhalteten unter anderen die Verpflichtung des Herstellers, die Werbung hinsichtlich der Recyclingfähigkeit der Ware und zum positiven CO2-Fußabdruck seiner Produktion zurückzuziehen. Zudem musste er die Entscheidung zum bestätigen Greenwashing-Vorwurf für einen gewissen Zeitraum auf den eigenen Webseiten veröffentlichen. Der erlittene Reputationsschaden führte dazu, dass seine Position im Wettbewerb gefährdet ist.

Umfangreiche Folgen für Unternehmen

Um ihren Sorgfaltspflichten entlang der Wertschöpfungskette gemäß den deutschen und europäischen Vorgaben nachzukommen, werden Unternehmen künftig einen genaueren Blick auf die Werthaltigkeit der umweltbezogenen und menschenrechtlichen Angaben ihrer Geschäftspartner:innen richten und die Einhaltung der Vorgaben an vertragliche Bedingungen knüpfen. Bei einem Verstoß könnten dann nicht nur Vertragsstrafen drohen, sondern auch eine Beendigung der Geschäftsbeziehung und ein anschließendes Blacklisting.

Greenwashing ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht nachhaltig. Es drohen finanzielle, operationelle und Reputationsrisiken.

Die unternehmerische Sorgfaltspflicht für Mensch und Natur umfasst den gesamten Wertschöpfungsprozess. Geschäftspartnerrisiken stehen hier im Zentrum. Zur wirksamen Prävention gehört eine verlässliche, aktuelle Datenbasis zu den beteiligten Akteuren und deren Geschäftstätigkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette, die Herstellung von Kommunikationskanälen wie auch die Ausweitung von Lieferantenaudits.

Ein umfangreiches Fraud Risk Management ist zur Aufdeckung und Vermeidung von Greenwashing und der Einhaltung unternehmerischer Sorgfaltspflichten in der Lieferkette unabdingbar. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf Menschrechte und umweltbezogene Pflichten, sondern auch bezogen auf Korruptions-, Geldwäsche oder Sanktionsrisiken.

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