Autos fahren über eine Autobahn

Mobilität und Verkehr: Mehr Technologieoffenheit wagen

Der Wirtschaftsstandort Deutschland kann von Alternativen zur E-Mobilität profitieren.

Wirtschaftsstandort Deutschland – Synonym für Industrie, Innovationen und Fortschritt. Für diese Tugenden steht der Industriestandort im Herzen von Europa und dafür wird er von vielen geschätzt. Inzwischen steht Deutschland auch für Fortschritt gepaart mit Technologie, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit, Rohstoffzirkularität, CO2-Reduktion und Einsatz von erneuerbaren Energieträgern in den unterschiedlichsten Industriezweigen geht. Entscheidende Innovationen kommen aus Deutschland und werden durch Unternehmen, vor allem des Mittelstands, in die Welt exportiert, um global einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Kund:innen fordern Nachhaltigkeit und ein technologieneutrales Angebot

Viele Kund:innen verlangen inzwischen nach nachhaltigen Produkten, Dienstleistungen und Lösungen und beschäftigen sich intensiv mit Möglichkeiten und Angeboten, die zu ihren individuellen Bedürfnissen passen und sind auch bereit, dafür einen Aufpreis zu zahlen. Aber eben nur dann, solange die Technologie oder das Produkt einen echten positiven Beitrag zum Klimawandel leistet.

Klimafreundliches Erfolgsrezept: So geht Schweden seine Mobilitätsstrategie an

Ein gutes Beispiel hierfür ist der Bereich Individualmobilität. Hier hilft ein Blick nach Skandinavien. Während viele Länder ihre Mobilitätsstrategie vor allem auf einer Antriebstechnologie aufbauen, nämlich der Elektromobilität, ist Schweden in den vergangenen Jahren einen technologieoffenen Weg gegangen, um das Ziel der CO2-Neutralität zu erreichen. Die schwedische Bevölkerung wurde durch deren Regierung auch über Alternativen zur Elektromobilität aufgeklärt, wie Bestandsfahrzeuge auch nachhaltiger bewegt werden können. In diesem Zusammenhang wurden die Vorteile von Kraftstoffen aus hydriertem Pflanzenöl aufgezeigt. Für diese sogenannten Hydrotreated Vegetable Oils (HVO) sind in Schweden steuerliche Erleichterungen eingeführt worden.

Viele Autofahrerinnen und Autofahrer haben dieses klimafreundlichere Angebot wahrgenommen, Mineralölgesellschaften die passenden Produkte ins Sortiment aufgenommen und Automobilhersteller die Freigabe des Kraftstoffes für Ihre Motoren gegeben. Ergebnis: Schweden ist es als einziges Land der Europäischen Union gelungen, die Klimaziele im Verkehrssektor einzuhalten. In dem skandinavischen Land ist ein Mix aus Elektro- und Verbrenner-Mobilität ein klimafreundliches Erfolgsrezept.

Aufklärung und Entscheidungsfreiheit als entscheidender Hebel

An diesem Beispiel zeigt sich, dass sinnvolle Regulatorik und Entscheidungsfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher wichtige Faktoren sein können, um CO2-Reduktionsziele zu erreichen. Kundi:nnen haben einerseits die Möglichkeit, sich eine für sie bezahlbare und trotzdem nachhaltige Lösung aussuchen zu können, da die Industrie passende Kraftstoffe für die Bestandsflotte entwickelt hat und die schwedische Regierung hat andererseits aktive Aufklärung über Alternativen zur E-Mobilität betrieben, wo entweder keine rein-elektrische Mobilität technisch möglich ist oder sich kein neues, teureres batterie-elektrisches Fahrzeug geleistet werden kann.

Der Verkehrssektor braucht mehr als nur eine Technologie

Auch in Deutschland kommen wir nicht um eine technologieneutrale Betrachtung unseres Mobilitäts- und Konsumverhaltens herum. Das heißt auf der einen Seite, Mobilität, Produkte und Services neu zu denken und in unser Leben und Verhalten klimafreundlich zu integrieren. Auf der anderen Seite die Abkehr von fossilen Energieträgern hin zu einem nachhaltigen, technologieoffenen und effizienten Energieverbrauch – etwa in Form von grünem Strom und Wasserstoff und erneuerbaren Energieträgern auf biogener oder synthetischer Basis.

Die Nachhaltigkeitspolitik der Europäischen Union sollte unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten nicht nur eine Technologie im Verkehrssektor zulassen. Die Technologieoffenheit und entsprechende Regulatorik sind wichtig, um sicherzustellen, dass Industrie und Wirtschaft, aber auch Verbraucherinnen und Verbraucher nachhaltige Lösungen wählen können, die zu ihren individuellen Bedürfnissen passen und für sie bezahlbar sind.

Durch den erforderlichen starken Ausbau der Stromnetzinfrastruktur und Ladepunkten in der gesamten EU für die Elektromobilität ist davon auszugehen, dass in 2030er und 2040er Jahren die Betriebskosten von Elektrofahrzeugen durch einen höheren Strompreis steigen werden. Die Untersuchungen und Prognosen zeigen, dass erneuerbare Kraftstoffe in denselben Dekaden durch weltweite Skaleneffekte auf ein gleiches Kostenniveau wie fossile Kraftstoffe kommen könnten. Dies sind auch Ergebnisse unserer Betrachtungen und Analysen mit Kunden aus den Sektoren Automobil, Luft- und Schifffahrt, Energie, Mineralölwirtschaft, Chemieindustrie und Logistik.

Selbst unter einem ambitionierten Hochlauf der Elektromobilität von 100% BEV-Zulassungen in 2035 werden PKWs mit Verbrennungsmotor 2040 immer noch knapp die Hälfte der Fahrzeugflotte in der EU ausmachen. Umso wichtiger ist es also alle Optionen, die zur CO2-Reduktion beitragen, zuzulassen.

Zukunftsweisende und technologieoffene Regulatorik kann die Basis legen, dass klimafreundliche Energieträger, wie Renewable Fuels of Non Biological Origin (RFNBO) hergestellt werden können und die notwendige Investitionssicherheit gegeben ist. RFNBOs sind Kraftstoffe, die aus anderen erneuerbaren Energiequellen als Biomasse produziert werden und mit denen die Automobil- und Nutzfahrzeughersteller bedarfs- und einsatzgerechte Produkte mit effizienter Verbrennertechnologie für klimafreundliche Mobilität weiterhin anbieten können.

Durch diesen regulatorischen Rahmen wird es Deutschland als Industriestandort auch möglich sein, RFNBOs nicht nur als eFuels in der Mobilität zum Einsatz zu bringen. Auch die Chemieindustrie und andere Wirtschaftszweige können RFNBOs für ihre Zwecke und Produkte als Edukt nutzen.

Wegweisende Politik schafft echte Nachhaltigkeit und stärkt den Wirtschaftsstandort

Deutschland ist das Land der Entwickler von innovativen Maschinen- und Anlagen, der Automobil-, Chemie- und Pharmaindustrie. Durch eine wegweisende Politik kann Deutschland sich zum Vorreiter im RFNBO-Produktionsanlagenbau und -betreiber entwickeln und klimafreundliche Energieträger in großem Maßstab in geeigneten Regionen der Welt erzeugen. Mit dem Einsatz der klimafreundlichen Kraftstoffe und der Weiterentwicklung sowie Effizienzsteigerung bei Verbrennungsmotoren können wir es global schaffen, nachhaltige Mobilität für Neufahrzeuge und vor allem für die bestehende Fahrzeugflotte weltweit zu ermöglichen.

Die Investitionsbereitschaft ist vorhanden, die Technologie ausgereift und das Produktangebot angepasst. Was fehlt ist die entsprechende Regulatorik innerhalb Deutschlands bzw. der EU, um einen weiteren Schritt in Richtung klimafreundlicher Mobilität zu gehen und so zu einem weltweiten Vorreiter bei der CO2-Reduktion im Verkehrssektor zu werden.

Deutschland wird auch weiterhin abhängig bleiben vom weltweiten Energieimport. Wir sollten daher jetzt unsere Technologien und die Anlagen für die Gewinnung erneuerbarer Energien in Ländern zum Einsatz bringen, wo erneuerbare Energie im Überfluss zur Verfügung stehen. Gleichzeitig sollten wir mit diesen Ländern langfristige Lieferverträge und Kooperationen vereinbaren. Das bringt zwei maßgebliche Effekte mit sich: Zum einen stärkt es das Bruttoinlandsprodukt, den Wohlstand und sozialen Frieden der Länder, die heute noch keine Energielieferanten sind. Zum anderen diversifizieren wir unsere Energielieferantenkette, um unabhängiger und resilienter gegenüber weltweiten Krisen zu werden.