Im Vordergrund ist eine Hand zu sehen, die auf einem Smartphone tippt. Im Hintergrund sind fünf parkende Autos zu sehen.

Smart Mobility: Warum wir demnächst keine privaten Autos mehr brauchen

Es würde Kosten, Emissionen und Zeit sparen: Ein Plädoyer für Smart Mobility Services.

Sie fahren zu Tausenden durch die Städte, transportieren oft nur einzelne Personen, verursachen Kosten, Emissionen und Zeitverluste: Die Rede ist von privaten Fahrzeugen. Intelligente Mobilität sieht anders aus. Das kriegt Deutschland besser hin, und zwar schon in naher Zukunft, wenn wir es richtig anstellen. Mit der Entwicklung von Smart Mobility könnten wir bereits in den 2030er-Jahren für effizientere, effektivere und klimaverträglichere Fortbewegung sorgen, zumindest in der Stadt.

Smarte Mobilität: Mehr als Carsharing

Wie das gelingen kann? Mit einer Art Carsharing im ganz großen Stil, kurz: Mobility-as-a-Service (MaaS). Hierfür würden mit Hilfe digitaler Technologien Autos, aber auch Busse, Fahrräder, Züge und Roller mit Verkehrswegen und -schildern, Ampeln, Park- und Stellflächen vernetzt – und alle gemeinsam genutzt.

Im besten Fall öffne ich dann morgens meine MaaS-App, gebe die gewünschte Route ein und erhalte Vorschläge für verfügbare Transportmittel. Dabei kann ich je nach Verfügbarkeit der Fahrzeuge, aber auch nach persönlichem Wunsch die schnellste, nachhaltigste oder günstigste Form des Transports als Tür-zu-Tür-Service digital buchen. Außerdem liefert mir meine App Empfehlungen und Reservierungen für Restaurants, Hotels oder Veranstaltungen, Unterhaltung, Bildung und E-Commerce.

Klappt Mobility-as-a-Service gut, wären tausende Autofahrer:innen in Zukunft motiviert, ihr privates Fahrzeug abzuschaffen. Davon bin ich überzeugt.

Klingt noch zu gut, um wahr zu sein? Tatsächlich sehe ich noch drei wesentliche Optimierungsfaktoren, damit Smart Mobility in der Stadt wirklich erfolgreich wird:

Erstens: mehr Digitalisierung.

Die stete Vernetzung und Kommunikation fressen immense Datenmengen. Außerdem müssen die Autos entsprechend aufgerüstet und ausgestattet werden. Um Fahrzeuge für die Digitalisierung fit zu machen, sollten bis 100 Sensoren und zwischen 1.400 und 2.000 Computerchips verbaut werden. Damit gilt es, Geodaten, Verfügbarkeits- und Betriebsdaten sowie Vertriebs- und Preisdaten zu sammeln und auszuwerten. Hierzu gehören auch fahrzeugbezogene Informationen, zum Beispiel über Unfälle, Batterieladezustand oder Kraftstoffverbrauch, etwa für Konzepte zur vorausschauenden Wartung. Gleichzeitig können intelligente Ampeln künftig die Fahrenden – oder irgendwann die autonomen Fahrzeuge – darüber informieren, wann eine Grünphase beginnt, um die Geschwindigkeiten entsprechend anzupassen, den Verkehrsfluss zu optimieren und letztendlich auch Kraftstoff bzw. Energie zu sparen. Die hierfür benötigte öffentliche Infrastruktur ist derzeit allerdings auch in großen Städten noch nicht überall verfügbar.

In der Branche sind die Investitionen in Halbleiterprodukte, die für die Chipherstellung benötigt werden, stark gestiegen. Der weltweite Umsatz mit Halbleiterprodukten für den Automobilbereich ist zwischen 2014 und 2021 von 29 Milliarden US-Dollar auf etwa 50 Milliarden US-Dollar gestiegen. Außerdem ist der Elektronikanteil in Autos in den vergangenen 20 Jahren enorm gestiegen. Im Jahre 2000 betrug er noch etwa 18 Prozent. Inzwischen liegt er bei Neuwagen bei 40 Prozent. In etwa zehn Jahren soll der Anteil dann bei 45 Prozent liegen.

Zweitens: selbstfahrende Autos.

Mobility-as-a-Service (MaaS) würde durch autonome Fahrzeuge deutlich vielfältiger und breiter im Angebot werden. Personalkosten der Taxifahrer:innen, Bus- und Zugführer:innen könnten gespart werden, private Nutzer:innen können die Fahrtzeit anderweitig sinnvoll nutzen. Bislang nicht wirtschaftliche Strecken könnten durch neue Fahrzeugkonzepte (Stichwort People Mover/autonome Shuttles) erschlossen werden. Wann diese Technologien marktfähig verfügbar sein werden, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, da es hier noch zahlreiche technologische Hürden zu meistern gilt. Die Erwartungshaltung im Markt ist aktuell, dass wir mit sinnhaft einsetzbaren autonomen Fahrzeugkonzepten (wie etwa Shuttles) frühestens in der zweiten Hälfte das jetzigen Jahrzehnts rechnen können. Erste kommerzielle Piloten natürlich früher, allerdings addressieren diese häufig Nischenszenarien, die relativ weit entfernt von einer tatsächlichen Breitenlösung sind. Nichtsdestotrotz: Ich gehe davon aus, dass Automatisierung und Smart Mobility kombiniert 40 Prozent der Kosten einsparen könnten im Vergleich zum Besitz eines privaten Pkw. Gleichzeitig entstehen hier natürlich neue versicherungsrechtliche Fragen bzw. Risiken. Aber auch hier ist Deutschland auf einem guten Weg.

Drittens: weniger Individualisierung.

Die immensen Vorteile von Mobility-as-a-Service (MaaS) sind deutlich geworden. Dennoch gelingt der Erfolg eines solchen Konzeptes nicht ohne die Bereitschaft möglicher Nutzer:innen, ein Stück weit ihre Individualität abzugeben. Statistiken und Umfragen zeigen hier widersprüchliche Zahlen. Denn auf der einen Seite waren 2022 so viele Autos wie noch nie in Deutschland angemeldet. Auf der anderen Seite zeigt eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom aus dem Oktober 2022, dass 40 Prozent der Autobesitzer:innen auf ihr Fahrzeug verzichten würden, wenn andere Mobilitätsangebote zur Verfügung stünden. Also zum Beispiel ein günstigerer Öffentlicher Personennahverkehr, aber auch attraktivere Carsharing-Angebote.

Ich bin überzeugt, dass diese Zahl derjenigen weiter steigen wird, die ihr eigenes Auto abgeben würden und auf ein Sharing-Konzept setzen würden. Dazu sollten wir aber noch stärker die technischen und gesellschaftlichen Chancen von Mobility-as-a-Service (MaaS) informieren. Dann steht der smarten Mobilität nichts mehr im Weg.