Versicherungen Mann springt über Reihe von orangenen Warnhütchen

Mehr als nur versichern

Wie Anbieter von Sach- und Unfallversicherungen langfristig erfolgreich bleiben

Es wirkt wie die Revolution der Sach- und Unfallversicherung. Insurtech-Start-ups lassen Nutzer mit wenigen Klicks etwa die eigene Wohnung versichern – und erzielen damit mitunter phänomenale Wachstumsraten. Versicherungsvertreter, Formularberge und Hausbesuche entfallen.

In einem Markt, der auf einen Verdrängungswettbewerb zusteuert, klingt das nachahmenswert. Doch Vorsicht: Das Modell hat Tücken. Denn Schaden- und Unfallversicherungen werden ein Geschäft für Profis bleiben – an dessen Gegebenheiten auch neue Marktteilnehmer nicht vorbei kommen.

Drei Tendenzen des Markts, die beachten sollte, wer in Zukunft erfolgreich sein will – ob neuer Marktteilnehmer oder etabliertes Unternehmen:

Tendenz 1: Der Markt bleibt schwierig

Der Markt der Kompositversicherungen wächst schwach. Die Profitraten sind eher gering. Nachhaltig profitables Wachstum gelingt nur wenigen Marktteilnehmern über einen längeren Zeitraum.

Nicht wenige Versicherer versuchen, über besonders niedrige Prämien Kunden zu gewinnen. Doch diese Strategie ist oft nur kurzfristig von Erfolg gekrönt. Dies zeigen Erfahrungen aus dem Markt der Online-Vergleichsportale – sogenannten Aggregatoren. Kunden, die sich über diesen Weg versichern, bleiben im Durchschnitt weniger lange als solche, die über traditionelle Vertriebskanäle geworben werden.  Denn auf längere Sicht ist es in der Regel nötig, die Prämien (zum Beispiel über Beitragsanpassungsklauseln) anzuheben, um profitabel zu bleiben.

Niedrige Preise taugen also lediglich als Anfangsstrategie bzw., um preisbewusste Kunden zu gewinnen. Langfristig sollten Versicherer mit Mehrwertdiensten aufwarten, die Kunden im Alltag helfen.

Tendenz 2: Kunden wollen mehr als nur Versicherungen

Gerne wurden Versicherungen wahrscheinlich noch nie gekauft. Aber traditionell sahen Kunden sie als Notwendigkeit zur Absicherung persönlicher Risiken. Heute haben Kunden, gerade Digital Natives, sehr viel grundsätzlichere Erwartungen. Sie wollen nicht nur Versicherungen, sondern streben nach Werten wie Sicherheit oder Gesundheit – und wünschen sich Angebote, die individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Wie halte ich meinen Kunden? Welche Produkte kann ich ihnen sonst noch anbieten? Diese Fragen sollten sich Unternehmen stellen – und zwar vom Kunden und deren Lebenssituationen  ausgehend.

Eine Antwort können Ökosysteme sein, in denen das Versicherungsprodukt in den „Hintergrund“ rückt. Damit sind offene Netzwerke von Firmen gemeint, die ihre Produkte und Dienstleistungen an einem Kunden-Interesse ausrichten. So könnte etwa eine Sicherheits-App mit Tipps zum Schutz vor Einbrüchen auch eine Hausratversicherung enthalten.

In unserer Studie zur Zukunft der Kompositversicherung rechnen wir damit, dass das zukünftige Wachstum des Markts vor allem von solchen Ökosystemen ausgehen wird. Bis 2030 könnte dieses Geschäft fast 15 Prozent des Prämienvolumens ausmachen – und bis zu 50 Prozent der Profitabilität des Markts.

Tendenz 3: Vom Scheck-Aussteller zum Helfer

Vom „Payer“ zum „Provider“ – so lässt sich eine weitere Tendenz zusammenfassen. Gemeint ist damit, dass Versicherer sich von Scheck-Ausstellern zu Helfern entwickeln.

Das fängt damit an, dass Geld nicht immer die beste Lösung bei Schadensfällen ist. Wem etwa das Smartphone kaputt geht, der will vielleicht lieber schnell einen Ersatz als Wochen später den entsprechenden Betrag auf dem Konto.

Zum anderen bedeutet der Paradigmenwechsel, dass Versicherer zunehmend auf Prävention setzen sollten. Mithilfe von Statistiken lässt sich etwa mit großer Genauigkeit schätzen, wann bei einem Altbau ein Wasserschaden eintreten wird. Versicherer könnten Kunden deshalb anbieten, Handwerker zur Sanierung zu vermitteln – bevor der Schaden eintritt.

Wer so als Assistent im Leben der Verbraucher wahrgenommen wird, der kann sich eine treue Kundschaft erarbeiten.

Wer läutet die Zukunft ein?

Es lässt sich festhalten: Vertreter und Hausbesuche müssen nicht entfallen, damit Sach- und Unfallversicherungen langfristig erfolgreich bleiben.

Wenn sie von den Kundenwünschen ausgehend neue Wege beschreiten, können traditionelle Versicherer genauso die Zukunft einläuten wie Insurtech-Start-ups.